10 Märchen zum Thema Wolf im Faktencheck

Oft behauptet, aber gar nicht wahr – 10 Behauptungen zum Thema Wolf im JÄGER-Faktencheck.

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Oft behauptet, aber gar nicht wahr – 10 Behauptungen zum Thema Wolf im Faktencheck! 

Wölfe sind harmlos, scheu und bevorzugen die Einsamkeit der Wildnis – so  wird oft erzählt. Biologin Dr. Nina Krüger hat sich die zehn häufigsten Behauptungen über den Wolf einmal vorgenommen und erklärt, wie es wirklich ist.

Rotkäppchen ade – Der Wolf im Faktencheck

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„Wölfe sind eine bedrohte Art und müssen daher besonders geschützt werden“

Laut der IUCN (Rote Liste) „war der Wolf ursprünglich das am weitesten verbreitete Säugetier der Erde. Die Art erfüllt auf globaler Ebene nicht einmal annähernd eines der Kriterien der bedrohten Kategorien.“ Insbesondere die „Large Carnivore Initiative for Europe“ als Untergruppe der IUCN hat sich eingehend mit dem Erhaltungszustand des Wolfs beschäftigt, stellt aber nur Populationsdaten aus dem Jahr 2012 zur Verfügung. Hier wird Wilderei als Hauptgefahr für die Wölfe in Europa dargestellt, obwohl sich die zusammenhängenden Populationen Skandinaviens, des Baltikums, Polens, Deutschlands, der Alpen, der Karpaten und des Balkans im Wachstum befinden. Deutlich mehr Wölfe kommen jährlich durch den Straßenverkehr ums Leben (offiziell 142 seit 1990 in Deutschland, gegenüber 30 illegal getöteten Wölfen im gleichen Zeitraum). In Deutschland ist derzeit mit einem jährlichen Populationswachstum von über 30 Prozent auszugehen, und bei einer Populationsgröße von rund 20.000 Wölfen in ganz Europa kann schon lange nicht mehr von einer bedrohten Art ausgegangen werden.

„Wölfe jagen und töten nur so viel, wie sie zum Überleben benötigen“

Von Wölfen ist das sogenannte „surplus killing“ bekannt, das auch bei Füchsen oder Mardern beobachtet wird, die in einen Hühnerstall eindringen. Anstatt sich ein Huhn oder Schaf zu schnappen und wieder zu verschwinden, tötet das Raubtier solange, bis sich nichts mehr bewegt oder es am Ende seiner Kräfte ist. Oft wird danach nur ein Beutetier  oder die besten Teile mehrerer Beutetiere gefressen. So kommt es zu 20 und mehr getöteten und verletzten Schafen auf derselben Weide in einer Nacht. Dieses Verhalten ist zum einen damit zu erklären, dass ein freilebendes Raubtier nicht weiß, wann es das nächste Mal Beute machen kann und daher die vorhandenen Chancen nutzt. Zum anderen spielt auch eine Art Reizüberflutung eine Rolle, die das anhaltende Töten verursacht. Bestimmtes Beutetierverhalten, wie Flucht oder Angstgeschrei, steigert in Beutegreifern den Anreiz. Innerhalb einer Umzäunung ist der Wolf diesen Schlüsselreizen auch nach erfolgreichem Töten fortdauernd ausgesetzt, die ihn animieren, weiterzumachen.

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Der Wolf im Faktencheck – Wird er dem Jäger gefährlich?

„Wölfe können menschliche Jäger ersetzen“

Das mag für die Weiten Alaskas zutreffen, für Mitteleuropa sicherlich nicht. Eine Wolfspopulation, die unsere Schalenwildbestände (abgesehen von Exoten wie dem Muffelwild) nachhaltig reduzieren könnte, müsste so groß sein, dass nicht nur Nutztierhaltung, sondern auch der Gassigang mit dem Schoßhund unmöglich werden würde. Denn Wölfe suchen sich immer die leichteste Beute – und das sind eher Fiffi und Schaf als wehrhafte Bachen. Aber nicht nur gesteigerte Schäden an Haus- und Nutztieren, sondern auch vermehrte Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen durch Beutetiere sind zu erwarten. Denn sie zeigen ein ausgeprägtes Feindvermeidungsverhalten, verlagern ihre Einstände und bilden Großrudel oder -rotten. Es kann zudem kaum von Wölfen erwartet werden, gezielt an Wildschadensschwerpunkten zujagen oder sich dort einzufinden, wo nachts ein angefahrenes Reh erlöst werden muss. Kurzum, Wölfe können in einer vom Menschen geprägten Landschaft, deren Erhalt auch von ihm abhängig ist, keinen Ersatz für ihn darstellen.

„Wölfe reißen nur in Ausnahmefällen Nutztiere“

Eine viel zitierte Studie soll belegen, dass Wölfe nur zu einem geringen Anteil Nutztiere reißen. In den eingesammelten Losungsproben fanden sich überwiegend Schwarz- und Rehwild als Hauptnahrungsbestandteile. Das Ergebnis muss auch gar nicht angezweifelt werden, viel mehr aber die Aussagekraft. Denn die Proben wurden zu Beginn der 2000er Jahre in Sachsen und Westpolen gesammelt, als die Wolfspopulation noch klein und dazu noch in Gebieten beheimatet war, in denen es kaum Weidehaltung gab und gibt. Würde man die gleiche Studie im Cuxhavener Land durchführen, käme man sicher zu ganz anderen Ergebnissen. Fakt ist, Wölfe nutzen die leichteste Nahrungsquelle, und sie sind sehr lernfähig im Umgehen von angewandten  Herrenschutzmaßnahmen.

„Der Wolf im Faktencheck – Bringt er  das ökologische Gleichgewicht zurück?“

Ebenso wie Wölfe sind Menschen Teil eines evolutionär, also natürlich gewachsenen Nahrungsnetzwerks. Die heutigen Kulturlandschaften Mitteleuropas haben sich allerdings weitgehend ohne den Einfluss von großen Fleischfressern entwickelt, und Studien zeigen, dass sich in sich fortlaufend entwickelnden Ökosystemen die Zeit nicht zurückdrehen lässt. Und dass sich mit einer einzigen Maßnahme wie dem Ansiedeln von Prädatoren einstmals vorhandenes Nahrungsnetzwerk nicht wiederherstellen lässt. Oftmals richtet man mit solchen Vorhaben mehr Schaden als Nutzen an. Zu komplex sind die Vorgänge in der Natur, ebenso wie die menschlichen Nutzungsinteressen.

Auch ein Video aus dem amerikanischen Yellowstone-Nationalpark zeigt nichts Gegenteiliges. Hier soll die Rückkehr des Wolfs die Wapitibestände so weit reduziert haben, dass durch geringeren Verbiss neues Baumwachstum möglich wurde, der fast verschwundene Biber zurückkehrte und sich ganze Flussläufe änderten. Unerwähnt bliebt, dass diese Entwicklungen nur in einem sehr kleinen Studiengebiet beobachtet wurden, in dem zuvor der Grundwasserspiegel künstlich angehoben wurde. Der war durch das Verdrängen des Bibers vorher stark gesunken, verhinderte Baumwachstum und stieg auch durch die Rückkehr der Wölfe nicht wieder von selbst an. Ebenso kann die Reduktion der Wapitibestände eher auf den Klimawandel und andere Ursachen zurückgeführt werden. Mittlerweile ist die Situation ins Gegenteil umgeschlagen. Wapitis bringen kaum noch Kälber durch den Winter, und die Wölfe suchen sich ihre Nahrung außerhalb des Parks auf den Viehweiden. Kein Erfolg für das Ökosystem, und schlecht für die Akzeptanz der Wölfe in der Bevölkerung.

„Menschen gehören nicht zum Nahrungsspektrum“

Vielleicht gehören Menschen nicht zur Nummer-eins-Beute von Wölfen, vermutlich weil sie sich schon immer gegen sie zur Wehr gesetzt haben. Historische Berichte, ebenso wie solche aus der Neuzeit zeigen jedoch, dass Wölfe Menschenfleisch nicht verachten. So gibt es Berichte aus dem Dreißigjährigen Krieg, die davon erzählen, wie Wolfsrudel den Soldaten und Schlachtfeldern hinterherzogen. Beim Absturz der Germanwings Maschine in den französischen Alpen wurden nachts Gendarme zum Schutz der Überreste vor Wölfen abgestellt. In Indien werden heute noch jährlich Dutzende Kinder erbeutet, und jüngst machten ähnliche Berichte aus Israel Schlagzeilen. Auch eine englische Urlauberin in Griechenland soll Wölfen zum Opfer gefallen sein. Fakt ist, wo Wölfe Menschen nicht als Bedrohung ansehen oder besonders großen Hunger haben, kann es auch zu Übergriffen kommen – auch wenn das Risiko für den einzelnen gering bleibt.

Streitthema Bejagung – Der Wolf im Faktencheck 

„Bejagte Wölfe verursachen mehr Nutztierschäden“

Man muss sich genau ansehen, wie eine betreffende Population bejagt wird. Werden Jungtiere ohne Führung zurückgelassen, so können sich diese in der Folge bevorzugt an Nutztieren vergehen. In der Regel sind es jedoch Jungwölfe, die in Anblick kommen. Wird einer aus einem Rudel erlegt, so hat dies nicht nur bestandsregulierenden, sondern auch erzieherischen Effekt. Führendes Beispiel hierfür ist Lettland. Hier werden etwa 35 Prozent der Population jährlich entnommen und diese somit im Wachstum gebremst. Gleichzeitig gibt es nur geringe Probleme mit Nutztierrissen, und die Wölfe zeigen sich scheu dem Menschen gegenüber.

„Wölfe sind scheu und halten sich von Siedlungen“

Wölfe sind vor allem sehr lernfähig. Da Menschen in den meisten europäischen Ländern keine Bedrohung darstellen, gibt es für Wölfe auch keinen Grund, sich von ihnen fernzuhalten – aber viele, um sich ihnen zu nähern, allen voran die Verfügbarkeit von Nahrung. Allein die Domestikation zum Haushund zeigt, dass sich Wölfe schon immer von Menschen und menschlichen Strukturen angezogen gefühlt haben. Erzieht man sie nicht durch Vergrämung und Bejagung zur Scheu, werden sie immer dreister. So belegen viele Amateurvideos aus Deutschland mittlerweile, wie sich Wölfe Fahrzeugen, Gärten und Menschen nähern. In Munster soll jetzt den Welpen eines ganzen Rudels wegen auffällig dreisten Verhaltens das Fürchten gelehrt werden.

„Wölfe paaren sich so gut wie nie mit Hunden“

Das Problem der Hybridisierung zwischen Haushunden und Wölfen soll in Deutschland keine Rolle spielen, obwohl von vielen die genetische Reinheit der Population angezweifelt wird. Nun ist es in Ohrdruf zu einem offiziell bestätigten Vorfall gekommen. Die dort ansässige Wölfin führt in diesem Jahr sechs Mischlingswelpen. Aufgefallen war dies auf Wildkamerabildern und durch ungewöhnliche Häufungen von Nutztierrissen. Auch aus Schweden wurde ein solcher Fall in diesem Jahr offiziell bestätigt. Hybriden sind nicht nur ein Problem für die Arterhaltung, sie können auch ungewöhnlich vertrautes Verhalten zeigen, welches Gefahren birgt.

„Der Wolf im Jagdrecht würde bedeuten, dass Jäger für Schäden haften müssten“

Viele Jäger befürchten, dass der Wolf im Jagdrecht bedeuten würde, dass die Jägerschaft für Nutztierrisse aufkommen müsse. Im Bundesjagdgesetz ist jedoch festgehalten, welche Arten wildschadensersatzpflichtig sind – und Raubwild gehört nicht dazu. Schon einmal hat die Jägerschaft den Fehler gemacht, sich zu verweigern; so sind die Rabenvögel nicht im Jagdrecht und die Bejagung vielerorts nicht mehr möglich. Es ist an den Jagdverbänden, im Falle einer Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht und anschließender Verschiebung in Anhang V der FFH-Richtlinie in den Verhandlungen sicherzustellen, dass eine Ersatzpflicht beim Bund verbleibt. Dann kann eine Aufnahme, auch ohne Jagdzeit, nur Vorteile bringen. Wer möchte schon im Falle einer Entnahme bzw. einer zukünftig unumgänglichen Jagdzeit Fremde im eigenen Revier dulden müssen, die dies übernehmen?