Eine Mondscheinjagd auf Sauen hat ihre Besonderheiten. Welche dies sind, verrät Revierpächter Frank Heil. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die nächtliche Ausrüstung – welche Ansprüche sie erfüllen sollte und welche Utensilien dem Ansitz- und Pirschjäger zu mehr Jagderfolg verhelfen.
Der Mond ist für den in der Nacht aktiven Jäger Mittel zum Zweck. Das nächtliche Waidwerk stellt hohe Ansprüche an das Können und die Ausrüstung des Jägers. Bei Dunkelheit ist das Ansprechen deutlich schwieriger als tagsüber. Wildartspezifische Unterscheidungsmerkmale lassen sich kaum klar erkennen. Stücke sicher anzusprechen, ist meist nur unter 50 Meter möglich. Gewaff, Striche, Klötze oder Schwartenfärbung geben am Tag Aufschluss. Nachts erkennt man außer in sehr hellen Mondnächten nur die Silhouetten. Wildbretgewichte können lediglich bei Rotten durch den Vergleich miteinander eingeschätzt werden. Da es beim Schwarzwild auch eine Sommerrausche gibt, können Keiler bei der Rotte stehen. Trifft das zu, ist die Leitbache nicht mehr das stärkste Stück und die Gefahr besteht, sie im Dunkeln als Überläufer anzusprechen. Einzelne Stücke lassen sich sowieso nur grob einschätzen. Und das auch nur, wenn die konkrete Entfernung zum Stück feststeht. Entfernungs-Schätzfehler von über zehn Meter verwischen die Unterschiede. Körperschatten werden durch das monokulare Zielfernrohr meist nicht als solche erkannt. Die geometrische Mitte des Wildkörpers verschiebt sich scheinbar nach unten. Die Folge: Tiefschuss.
Waffe und Optik bei der Mondscheinjagd
Grundsätzlich ist zu empfehlen, das Nacht-Zielfernrohr anfangs auf die kleinste Vergrößerung einzustellen. Dem Jäger steht damit für schnelle Schüsse auf kurze Entfernung auf sich bewegendes Wild das größte Sehfeld zur Verfügung. Bewegt sich Wild weiter draußen, bleibt meist genug Zeit, die Vergrößerung oder die Intensität des Leuchtpunkts zu optimieren. Als Empfehlung gilt, die Intensität des Leuchtpunkts so einzustellen, dass er auf dem Wildkörper gerade noch zu erkennen ist. Klar, dass besonders unter den erschwerten nächtlichen Bedingungen eine vertraute Waffe mit lautloser Sicherung bzw. ebensolcher Handspannung das richtige Handwerkszeug ist, denn die Umweltgeräusche lassen nachts nach und sowohl Jäger als auch Wild hören besser.
Bei der Kaliberwahl gilt: von 6,5×54 MS bis 8×57 IS eignen sich im Regelfall alle, da keine extremen Schussentfernungen zu erwarten sind. Aber wer seine 9,3×62 oder seine Magnum-Patrone beherrscht, mag auch diese verwenden. Für die Nachtzieloptik gilt: Nur das Beste ist gut genug. Beleuchtete Absehen das Mittel der Wahl. Ein Leuchtpunkt ist auf einer dunklen Wildsilhouette klar zu erkennen. Und dann gibt es noch die Restlichtverstärker, die selbst in mondarmer Nacht Details erkennen lassen. Schießen mit Nachtsichtgeräten ist grundsätzlich legal, solange die Geräte nicht an die Waffe montiert sind und über kein eigenes Absehen verfügen. Der Nutzen der Nachtsichttechnik liegt sowohl beim sicheren Schuss als auch im Ansprechen. Die Gefahr von Fehlabschüssen sinkt.
Nachts im unbekannten Gelände lassen sich Hintergrundgefährdungen nur mit einem Nachtsichtgerät erkennen. Falsches Entfernungsschätzung ist der Hauptgrund fürs Fehlansprechen bei Nacht. Hilfe bringt der unter allen Lichtbedingungen funktionierende Entfernungsmesser. Und wenn das im Knall in hoher Vegetation unsichtbar gewordene Stück gefunden werden soll, verkürzt dieser zusammen mit einer leistungsstarken Taschenlampe den Zeitaufwand deutlich.
Nächtlicher Schuss
Der Schuss bei Nacht unterliegt besonderen Regeln. Um für das jeweilige variable Zielfernrohr die beste Lichtaus- beute zu errechnen, gilt folgende Regel, gezeigt am Zielfernrohr 3-12×56: Objektivdurchmesser von 56 Millimetern geteilt durch sieben Millimeter (Durchmesser der Austrittspupille) ergibt acht. Somit bietet dieses Zielfernrohr die beste Lichtausbeute bei achtfacher Vergrößerung. Indes, ist es hell genug (Schnee, Vollmond), ist eine höhere Vergrößerung, die ein besseres Sehen von Details gewährleistet, von Vorteil. Bei geringen Schussdistanzen ergibt sich je nach Montage eine deutliche Überhöhung der Visierlinie über der Kugel-Flugbahn. Der Jäger muss diese Überhöhung kennen und durch Haltepunktverlagerung ausgleichen.
Vor allem bei kombinierten Waffen mit obenliegenden Schrotläufen sind beim Kugelschuss die Abweichungen extrem. Jäger verwenden, um aus dem Wind zu kommen, oft hohe Kanzeln und müssen deshalb das Wild auf geringe Entfernung steil von oben beschießen. Das er- fordert eine Hochblatt-Haltepunktverlagerung.
Kleidung, Prüfer
Eine der stimmungsvollsten Formen der Jagd auf Sauen ist der Ansitz im Winter bei Frost und Schnee. Letzterer reflektiert die Strahlen des Monds und verbessert die Sichtverhältnisse enorm. Der Jäger kann schon bei Halb- oder Zweidrittelmond verantwortungsvoll waidwerken. Stunde und Stimmung passen, wenn vom Wind getriebene Wolken das Umfeld durch Schattenspiele beleben und Waldohreulen um die Halbkanzel gaukeln. Dann lässt sich selbst grimmige Kälte stundenlang aushalten. Doch sei bei aller Sentimentalität die die Jagdeffektivität steigernde Technik nicht vergessen. Wildkameras helfen, den besten Zeitpunkt für den Ansitz zu bestimmen.
Häufig nutzen die Rotten feste Routen und tauchen zu gleichen Zeiten auf den Wechseln oder an der Kirrung auf. Da hilft es zu wissen, um wieviel Uhr mit den Sauen zu rechnen ist. Wichtig bei der Schwarzwildbejagung sind zweckdienliche Bekleidung und ebensolche Ausrüstung. Schwarzwild reagiert oft auf geringste Geräusche. Da ist eine leise Bekleidung wichtig. Dafür bieten sich Materialien wie Fleece, Loden, Suede, Faserpelz, Wildleder und einige spezielle Synthetiktextilien an. Profis unter den Saujägern verwenden für die Bogenjagd entwickelte, extrem geräuscharme Fleecebekleidung, denn Bogenjäger müssen oft auf halbe Schrotschussweite ans Wild heran.
Weiterhin ist es ratsam, eine leise Gewehrauflage zu verwenden. Patronenetuis, in denen die Patronen einzeln ein-gesteckt werden, verhindern Geklimper. Auch ist der Wind ein wichtiger Punkt bei der Schwarzwildjagd. Sauen vernehmen und winden ausgezeichnet. Darum ist es immer ratsam, gegen den Wind anzusitzen oder zu pirschen. Ein Windrichtungstestgerät oder schlicht Seifenblasen, Puder, Flugsamen, Federn, bei Rauchern der Qualm einer Zigarre oder einfach ein Streichholz sind hilfreich. Es gibt auch spezielle geruchsblockierende Jagdbekleidung, welche den Körpergeruch minimiert.
Vorbereitungen auf die Mondscheinjagd
Da die Mondscheinjagd im Bundesjagdgesetz außer auf Schwarz- und Raubwild verboten ist, muss sich der Jäger auf diese Wildarten beschränken, sofern das jeweilige Landesjagdgesetz nichts anderes vorsieht. Pirschen bei Nacht erfordert eine durchdachte Strategie, gründliche Vorbereitung, die passende Ausrüstung und genaue Revierkenntnis. Denn während jeder Pirsch, ob bei Tag oder Nacht, konkurriert der Waidmann mit den Sinnen des Wildes. Wer sein Revier nicht leerpirschen will, muss mit wenigen Versuchen erfolgreich sein. Voraussetzung ist die Kenntnis der Sinnesleistung des Wildes bei Nacht.
Um eine erfolgversprechende Jagdstrategie für die Mondscheinjagd zu entwickeln, ist es zweckmäßig, tagsüber nicht nur die Schadflächen der Sauen zu kontrollieren, sondern auch ihre Wechsel auszugehen. Finden sich Stellen, an denen die Sauen auf die Freiflächen wechseln, sollte sich der Jäger in der Nacht darauf konzentrieren. Einzubeziehen in die strategischen und taktischen Überlegungen sind neben den Wechseln und den Schadflächen die Bahn des Monds, sein orts- und zeitabhängiger Schattenwurf, hohes Gras, Stellen mit viel trockenem Laub und die Beschaffenheit von Wegen. Auf dieser Basis weiß der Jäger, wo er zu welcher Zeit im Mondschatten pirschen kann und von wo aus er an welchen Stellen die Sauen in Anblick bekommt.
Bevor die Sauen direkt angegangen werden, kann mit einer Rotlicht-LED-Taschenlampe der Pirschweg beleuchtet werden. Das erspart böse Überraschungen, hervorgerufen durch dürres, knisterndes Laub und ähnliche Lärmquellen. Ein Ausweichen beim Pirschen wird möglich. Zweckdienlich ist es, wenn die Pirsch bei einer Ansitzeinrichtung endet. Hier weiß der Jäger um die Gefahrenpunkte im Revier und die Entfernungen zum Wild. Kugelfang und stabile Vorderschaftauflage, oft auch eine Auflage des Schießarms sind gegeben.
Die Hochsitze, die infrage kommen, müssen penibel vorbereitet werden: Pirschpfade auf den letzten Metern und Nachnageln der Sprossen, damit beim Aufbaumen nichts knarrt. Handelt es sich um geschlossene Kanzeln, sollten die Schießluken bald- möglichst geöffnet werden, um später schnell und leise schussbereit zu sein. Steht keine Ansitzeinrichtung zur Verfügung, muss der Jäger mit einem Klappstuhl oder Sitzruck- sack vorlieb nehmen bzw. die Sauen angehen.
Leise und reflexfrei
Ein wichtiger Punkt der Vorbereitung ist das Beschränken der Ausrüstung aufs Notwendige. Um die Hände möglichst frei zu haben, sollte grundsätzlich die notwendige Ausrüstung in einem kleinen, schmalen Rucksack und körpernah in der Bekleidung verstaut werden. Harte und vor allem metallische Gegenstände werden einzeln in den Taschen verstaut, denn die Gefahr, dass diese beim Pirschen zusammenstoßen und klirrende Geräusche verursachen, ist groß. Laute Klettverschlüsse sind kontraproduktiv. Reiß- oder Magnetverschlüsse empfehlen sich.
Doch damit nicht genug. Lautlose Gewehrriemen gehören zur Mondscheinjagd ebenso dazu, wie ein hochwertiges Fernglas und ein lichtstarkes Zielfernrohr. Um direkte Mondreflexionen durch die Objektivlinse zu vermeiden, empfiehlt sich das Auf- schieben einer Objektiv-Licht- schutzblende, etwa einer solchen von GFT. Wer allerdings ein Zielfernrohr 6-24×72 verwendet, kommt nicht umhin, sich aus Kunststoff oder Pappe selbst eine Lichtschutzblende anzufertigen. Waffen mit satinierten Läufen sollten zum Vermeiden von Reflexionen mit selbstklebenden, tarnfarbenen Bandagen umwickelt werden. Zweckdienlich sind Knicklichter. Sie erleichtern bei der Nachsuche das Finden des Anschusses oder beim Bergen das Finden des Stücks.
Locker, Pirschstock
Rotten, die im Gebräch stehen, lärmen und lassen sich nachts auch auf offenem Feld bis auf Schrotschussweite anpirschen. Werden die Sauen aufmerksam und unruhig, können nachgeahmte arteigene Laute sie wieder beruhigen. Als Hilfsmittel dafür steckt der Weißkirchen Sauenlocker in der Tasche. Der Versuch, im Gebräch stehende einzelne Sauen in windstillen, hellhörigen Mondnächten anzupirschen, schlägt meist fehl. Überdeckt jedoch kräftiger Wind die vom angehenden Jäger verursachten Geräusche, gelingt’s häufig. Fällt dann der Entschluss zu schießen, empfehlen sich als Zielhilfen der Pirschstock, Zwei- und Dreibeine oder das von mir favorisierte Doppel-Zweibein.
Mondscheinjagd und Schneepirsch
Liegt hoher Schnee, kommen Skier zu ihrem Recht. Nur mit ihnen können nunmehr noch so ziemlich alle Ecken des Reviers problemlos und flink erreicht werden. Eine nächtliche Skipirsch kann sich zum beglückenden und zugleich erfolgreichen Jagdabenteuer entwickeln. Im Januar, wenn um einen herum die ranzenden Füchse bellen und die hungrigen Sauen rege durchs Revier streifen, wird’s meist spannend. An den Füßen die ererbten, wohl an die 80 Jahre alten langen, breiten, mit einer Langlaufbindung modernisierten Hikorybretter, bringt mir das sanfte Gleiten über den Schnee Genugtuung und inneren Frieden. Und bin ich mir meiner Sache ziemlich sicher, schleppe ich am Brustgurt eine weiße Kunststoff-Schlittenwanne hinterher, die später das Bergen der erlegten Sau wesentlich erleichtert.
Kurzum: Harmonieren Passion und Können des Mondscheinjägers sowie Qualität und Umfang der Ausrüstung miteinander, stehen den Sauen schwere Zeiten bevor.
Dieser Artikel erschien zuerst in JÄGER 11/2016. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!