Liegt uns der Jagderfolg in den Genen?

Menschen jagen schon, solange es Menschen gibt. Aber liegt uns die Jagd und der Jagderfolg in den Genen? Und wie lässt sich das herausfinden?

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Alleine auf der Jagd guckt uns keiner auf die Finger. Trotzdem jagen wir dann am selektivsten. ©Pauline von Hardenberg

Drei Hypothesen zum Jagderfolg

Die tatsächlichen inneren Abläufe, die einen Jäger zu dem Entschluss leiten, den Finger krumm zu machen, sind nicht messbar. Daher stellten die Wissenschaftler drei Hypothesen auf, die den Grad der Selektivität eines Abschusses beein ussen könnten. Sie vermuteten, dass die Länge der verbleibenden Jagdzeit, die Konkurrenz mit anderen Jägern und die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Chance einen Einfluss darauf haben, ob ein Jäger sich für oder gegen einen Schuss entscheidet.

Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der soziale Kontext, indem gejagt wird, eine entscheidende Rolle spielt. Anhand der Daten war zu erkennen, dass der Grad an Selektivität abnahm, wenn sich die Jagdzeit dem Ende näherte, viele Jäger an einer Jagd teilnahmen und die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Chance, zu Schuss zu kommen, abnahm.

In der Gruppe sind die Jäger waghalsiger

Dabei scheinen Jäger, die in Gruppen ja- gen, nicht gänzlich von Egoismus geleitet zu sein, denn die Gruppengröße war von maßgeblicher Bedeutung. In kleinen Jagdgesellschaften war kaum ein Effekt der Mitjäger erkennbar, vermutlich, weil es sich dabei um familiäre oder freundschaftliche Bande handelte. In solchen Konstellationen ist der Jagderfolg des anderen meist gleichbedeutend oder sogar höher bewertet als der eigene. Anders fällt aber auch ein eventueller Fehler eher auf, und das Ansehen leidet direkt.

In großen Gruppen war jedoch eine gewisse Enthemmung zu beobachten. Mögliche Gründe dafür können ebenso Konkurrenzdruck und Profilierbedürfnis sein wie eine entspanntere Haltung, weil weniger emotionale Repressalien von Fremden zu erwarten sind. Hinzu mag kommen, dass sich ein Fehlabschuss in der Ferne nicht auf den daheim mühsam gehegten Bestand auswirkt.

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Je größer die Jagdgesellschaft, je anonymer also der einzelne wird, desto eher machen Jäger den Finger krumm – wahrscheinlich aus Konkurrenzdenken.

Zum Jagdende werden wir unselektiver

So lag die individuelle Schusswahrscheinlichkeit bei Anblick in einer kleinen Jagdgruppe zwei Monate vor Ende der Saison bei 20 Prozent, am letzten Jagdtag der Saison aber schon bei etwa 40 Prozent. In größeren Gruppen lagen diese Wahrscheinlichkeiten bei 33 Prozent und stiegen auf immerhin 55 Prozent am letzten Jagdtag. So ist es also nicht nur die Gruppengröße, sondern auch die Zeit, die uns noch zum Beutemachen bleibt, die uns gelegentlich alle guten Vorsätze über Bord werfen lässt, um nicht mit leeren Händen nach Hause zu gehen.

Gewissensbisse und Zeitmangel beim Jagderfolg

Faktoren, die bei der Bejagung die Selektivität der Jäger also reduzieren, sind die zur Verfügung stehende Zeit – sowohl die individuelle als auch die Zeit, in der die Jagd noch ausgeübt werden darf – ebenso wie eine gewisse Konkurrenz zwischen den Jägern.

Auch soziale Normen, hierzulande Waidgerechtigkeit genannt, sind entscheidend. Während tierische Jäger kaum von Gewissensbissen geplagt werden, ob die Erlegung eines Stücks im Sinne der Nachhaltigkeit oder Waidgerechtigkeit ist, sind Menschen heute, auch aufgrund der Unabhängigkeit von der Nahrungsbeschaffung durch die Jagd, einem anderen Regelwerk unterworfen.