Die Sehnsucht nach dem letzten Abenteuer?

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Natur: Hirsch in der Brunft. Foto: Unsplash/Diana Parkhouse

Viele unserer nicht jagenden Mitmenschen haben sicherlich keinen unmittelbaren Kontakt zur Jagd, für viele mögen auch die Tätigkeiten eines Jägers in der Natur nicht so richtig greifbar sein. Der ein oder andere hat vielleicht das Bild des düstren Lodenjockels nebst Dackel aus irgendeinem Spielfilm im Vorabendprogramm im Kopf. Und viele mögen sich auch die Frage stellen, warum eigentlich gejagt wird.

Warum wir wirklich jagen

Nebel über dem Tal, das Plätschern einer Quelle, der Geruch von Wald, sicherlich hat mancher von uns solche Bilder im Kopf, wenn er an die Natur, wenn er ans Draußensein denkt.
Romantisch bis kitschig mögen Sie jetzt denken, doch was bitte hat das mit Jagd zu tun?
Wir alle leben in einer Gesellschaft, deren urbanes Wachstum und deren hochfrequenter Alltag uns mehr und mehr von dem entfernen, was von der Natur übrig ist. Wenn wir in der Stadt aus dem Fenster blicken, sehen die Meisten von uns wohl auf die Fragmente naturnaher Landschaften oder gar nichts mehr von ihnen, von einer intakten Tier- oder Pflanzenwelt ganz zu schweigen.
Nun mag mir der ein oder andere erwidern, dass wir in einer menschgemachten Kulturlandschaft leben und nirgends mehr Natur vorhanden sei.
Dem fühle ich mich in Teilen sogar gezwungen beizupflichten und dennoch haben wir die Chance einzigartige Landschaften zu erleben, deren Vorhandensein zu genießen und vor allem Verantwortung für deren Fortbestand zu übernehmen.
Als Jäger haben wir das Privileg diese intensiven Erlebnisse auf eine Art und Weise machen zu dürfen, die außer uns wohl nie jemand wird erleben können. Wir dürfen eine Stille genießen, die oftmals so still gar nicht ist.
Lassen Sie sich also ein auf das Abenteuer Jagd.

Was ist Jagd überhaupt?

Jagd ist zuallererst eine Chance für jeden von uns, der sich auf sie einlässt, die Chance Dinge zu sehen, die die Natur sonst vor einem jeden versteckt hält.
Als Jäger sieht man die Natur in ihren zerbrechlichsten Momenten, man sieht Jäger und Gejagte in der Tierwelt und man beginnt die Zusammenhänge im Jahreslauf, im Ökosystem zu begreifen.
Erlauben Sie mir, dies anhand einer unlängst erlebten Begebenheit zu illustrieren.
In der ersten Februarhälfte dieses Jahres waren wir, das heißt meine Freundin, ein Jagdfreund und ich, auf dem Fuchsansitz gewesen. Der Fuchs war offensichtlich schlauer, was in der Beziehung Autor – Fuchs hin und wieder der Fall ist, wirklich hungrig schien er auch nicht zu sein und zudem setzte nach kurzem ein gewaltiger Schneesturm ein, der eine Sicht auf Entfernungen über fünf Meter erheblich erschwerte.
Nach vielfachem Putzen meines Zielfernrohrs – ich selbst sah inzwischen aus wie ein Schneemann – entschloss ich mich, den Hochsitz zu verlassen und mich mit meinen beiden Mitjägern zu treffen.
Als wir so in Richtung Auto stapften und das Feld mehr aus Gewohnheit, denn aus Interesse mit der Wärmebildkamera absuchten, fiel uns ein winziger Punkt ins Auge, größenmäßig schien es sich um ein winziges Kaninchen zu handeln. Als wir dann näherkamen, saß vor uns an der Böschung ein sehr kleiner Feldhase und versuchte dem eisigen Wind und dem Schneesturm zu trotzen.
Uns allen tat der kleine Kerl leid, keiner von uns hatte so früh im Jahr schon Junghasen gesehen, die warmen Tage zuvor mussten die Häsin zum frühen Setzen der Jungtiere veranlasst haben und der erneute Kälteeinbruch hatte sie überrascht.
Meine Freundin hätte den kleinen Hasen am liebsten mitgenommen und aufgepäppelt, überlegte dann kurz und befand unvermittelt, dass es falsch sei.
Später am Abend unterhielten wir uns erneut über das seltene Erlebnis – was auch immer für die frühen Hasen ursächlich war, so mochte es doch seinen Sinn darin haben, dass Raubtiere zu dieser Jahreszeit, in der für sie nur karge Nahrung zu finden ist, überleben.
Und dennoch, so viel Vermenschlichung sei mir erlaubt, wir haben dem kleinen Hasen die Daumen gedrückt, dass er den Schneesturm gut überstanden hat.
Was ist nun die Quintessenz der Geschichte, mögen Sie sich zurecht fragen?
Für mich ist es die Tatsache, Teil der Natur sein zu dürfen, oft nur als stiller Beobachter auf der Jagd nach einmaligen Erlebnissen, all das was passiert aufzunehmen zu wertschätzen und vor allem zu respektieren.

Trophäenjagd – was jagen wir denn?

Die Trophäenjagd und noch viel mehr die Trophäenjäger sind gegenwärtig in allermunde und nahezu jede überregionale Zeitung fühlt sich befleißigt ihr wenigstens alle paar Wochen einen mehr oder minder fundierten Beitrag zu widmen. Und oft wird dieser Terminus der gesamten Jägerschaft im Kollektiv angedichtet.
Doch gibt es überhaupt Trophäenjagd und wenn ja, was ist das?
Ich wage die unkonventionelle These, dass es keine Trophäenjagd gibt!
Denn wenn wir, wie eingangs angenommen, der Auseinandersetzung mit der Natur, dem wirklichen Jagen also, einen hohen Stellenwert beimessen, dann jagen wir, um zu jagen – um einer Verantwortung der Natur und uns selbst gegenüber gerecht zu werden und nie um der Trophäe Willen.
Rein Sachlogisch kann demnach einer, dem es ausschließlich um die größtmögliche Zahl der Trophäen geht, nie ein Jäger sein. Wenn also oftmals suggeriert wird, der Jäger sei ein Trophäennarr, ist dies wohl schlichtweg falsch. Dies soll jedoch mitnichten heißen, dass man sich seiner Trophäen und auch deren Besonderheiten nicht jeden Tag aufs Neue erfreuen dürfe, bedeuten sie uns doch alle die Erinnerung an ein besonderes Erlebnis, einen einzigartigen Augenblick in unserem Leben und vermögen diese jederzeit wachzurufen.
Das Beutemachen und auch die Trophäe sind legitimer und wichtiger Bestandteil unseres Tuns, sollten die Jagd jedoch niemals überschatten.

Keine Kür ohne Pflicht – so ist die Natur

Ob im heimischen Revier vor der Haustüre oder in fernen Ländern gejagt wird, wir jagen aus Liebe zu Wild und Natur. Oberstes Gebot ist es uns das Wild und die Habitate aller Tiere im Einklang zu halten, Nahrung für uns zu gewinnen und all das was wir erfahren haben für die Zukunft zu bewahren.
Dies erfordert ein stetes Abwägen und täglich neue Entscheidungen vor dem Hintergrund der unterschiedlichsten Nutzungsinteressen der Land- und Forstwirtschaft bis hin zu den Interessen Erholungssuchender, die den Erhalt intakter Habitate und Ökosysteme beeinflussen.
Wir sind gesetzlich, wie moralisch zur Hege verpflichtet und stehen dabei vor der Aufgabe das Wohl des Wildes trotz und gerade wegen des, in vielen Teilen Deutschlands forcierten, Umbaus der Wirtschaftswälder sowie der Errichtung sogenannter Schutzwälder zu wahren.
Hinzu kommt, dass wir mit wiederangesiedelten Arten sowie gebietsfremden Tierarten einen wachsenden Einfluss auf bislang intakte Ökosysteme erleben.
Wolf, Luchs und Biber sind in ihrem Wachstum wenig bis gar nicht limitiert, während dem Schalenwild, namentlich dem Rot-, Muffel- und Gamswild der Lebensraum sowie die Rückzugsräume genommen werden.
Daneben macht sich gerade an der drastisch gesunkenen Artenvielfalt der Kleinstlebewesen, der Amphibien, der Singvögel und des Niederwildes bemerkbar, dass die Energiewende in der Agrarpolitik einige Gewinner, darunter das Schwarzwild, Beutegreifer und gebietsfremden Arten wie die Rabenkrähe, den Waschbär, den Marderhund und den Mink, jedoch auch zahlreiche Verlierer unter den heimischen Arten kennt.
In all diesen Fragen werden wir oftmals als Alleinverantwortliche und Mediatoren in Personalunion wahrgenommen – eine Rolle, die man definitiv mögen muss.

Soll ich Jäger werden?

Wenn Sie bis hierhin gelesen haben und meine Ausführungen in Ihnen mehr Neugier, als Skepsis ausgelöst haben sollten, definitiv ja!
Es sei jedoch gesagt, dass die Jagd eine Passion und kein Hobby ist und in einigen Fällen weder eine Vermögensmehrende, noch eine beziehungsfördernde Wirkung entfaltet.
Dafür verspricht sie Erlebnisse und Abenteuer, die man mit Geld nicht kaufen kann und hin und wieder ein Stück Fleisch auf dem Teller, dessen Ursprung ehrlicher nicht sein könnte!