Feisthirsche – Chancen nutzen!

Unser Autor Patrik Bollrath gibt wertvolle Tipps und Tricks an die Hand, wie Sie ihre Feisthirsche bekommen.

deer-gf4592b247_1920

Feisthirsche sind nicht einfach zu bejagen und Chancen müssen unbedingt genutzt werden! (Foto: Pixabay)

Feisthirsche sind nicht einfach zu bejagen. Auch wenn Rotwild in vielen Teilen Deutschlands beheimatet ist, zentriert es sich meist im Vergleich zur gesamten Fläche auf relativ kleine Areale. In diesen Kernzonen ist das Rotwild das ganze Jahr anzutreffen und auch erfolgreich zu bejagen. Anders sieht es in den Revieren am Rande dieser Kernzonen aus. Auch in den Revieren, die etwa zwischen zweier solcher Bereiche liegen. Hier taucht die größte Hirschart in Deutschland nur sporadisch auf oder zieht alle paar Jahre einmal durch. Die Jagd auf den König des Waldes ist also in diesen Bereichen mehr ein zufälliges Ereignis. Doch auch in diesen Revieren kann bei einer guten Vorbereitung und einer ausdauernden Jagd gerade zu Beginn der Jagdzeit bzw. vor der Brunft durchaus erfolgreich und zielgerichtet auf die sogenannten Feisthirsche gejagt werden.

Einstandsverhalten der Feisthirsche

Aus wissenschaftlichen Telemetrie-Studien ist bekannt, dass Rotwild über das Jahr unterschiedliche Lebensräume bzw. Einstandsgebiete nutzt. Hier gibt es weiter differenzierte Nutzungsverhalten von männlichen und weiblichen Stücken mit deren Nachwuchs. Mit Beginn der Kolbenzeit stehen die Hirsche meist in kleineren Gruppen weit verbreitet in der Fläche. Dann tauchen sie plötzlich in Revieren auf, in denen im Herbst und
Winter nur sehr selten oder gar kein Rotwild vorkommt. Solche sogenannten Hirschreviere bieten in der Regel ein sehr gutes Äsungsangebot und ausreichend Schutz und Ruhe vor Störungen. Die Kahlwildrudel lösen sich spätestens mit der Setzzeit auf, verteilen sich dann häufig in der Nähe der sonst üblichen Einstände. Die Hirsche jedoch können für solche Hirschreviere in denen Sie sich ungestört den Feist anfressen, welchen Sie für die Brunft benötigen, durchaus weitere Strecken zurücklegen. Maßgeblich ist hier das Äsungsangebot in Verbindung mit dem Ruhebedürfnis. Liegen gute und viele Äsungsflächen dicht zusammen und bieten dem Rotwild genug Ruhe, besteht keine Notwendigkeit für ausgedehnte Wanderungen.

Streifgebiete des Wildes

Mit Beginn der Brunftzeit suchen Sie dann wieder die alljährlich bekannten Brunftplätze auf, bevor Sie ihren Wintereinstand einnehmen. Die Gesamtheit des von einem Individuum genutzten Raumes über das Jahr verteilt, wird auch als Streifgebiet bezeichnet. Ganz entscheidend für die Ausmaße eines solchen Streifgebietes ist die heutige Lebensraumzerschneidung durch menschliche Bauwerke, dazu zählt der Klassiker: die Autobahn. Dass ein Rothirsch auf der Suche nach brunftigem Kahlwild 20, 30 oder gar 50 Kilometer ungehindert ziehen kann, ist in Deutschland durch den Straßenbau nahezu unmöglich. Jegliche Art von Wanderung wird tendenziell immer durch die Attraktivität der vorkommenden Äsung bestimmt. Hier gilt immer das Gesetz des Örtlichen und eine Verallgemeinerung kann nicht stattfinden. Als Tendenz kann nur gesagt werden, dass nach den meisten wissenschaftlichen Raumnutzungsstudien über Rotwild die Hirsche ein im Mittel doppelt so großes Gebiet nutzen, wie das Kahlwild.

Jagdorganisation

Der Jäger in dessen Revier Rotwild nur jahreszeitlich bedingt durchzieht, kann sich die Wanderung zu Nutze machen, um erfolgreich auf den Hirsch zu jagen. Das bedeutet in keinem Falle die Wanderung der Tiere durch die Jagd zu beeinflussen. Wie bei jeder Jagdart auf Rotwild ist auch hier sehr viel Fingerspitzengefühl gefragt. Die Organisation in Hegegemeinschaften über eine große Fläche ist hier zielführend, wenn diese nicht durch Schüren von Ängsten bei einem Fehlabschuss zu einer großflächigen Enthaltung bei der Erlegung der Hirsche führt. Über ein
flächenmäßig großes Gebiet haben dementsprechend viele Reviere eine bestimmte Anzahl an Rotwild zum Abschuss frei. Es steht jedem Revierinhaber frei, einen Hirsch gemäß der Freigabe zu erlegen. Wie gelingt dies nun in Revieren, in denen sich das Rotwild nur saisonal aufhält?

Revierkenntnisse

Zunächst einmal ist die Kenntnis über das entsprechende Raumnutzungsverhalten der Feisthirsche von essentieller
Bedeutung. Wo stehen die Hirsche im Frühsommer und wo ziehen diese zu Beginn der Brunft hin? Ziehen die Hirsche durch mein Revier, wenn sie die Brunftplätze aufsuchen oder stehen sie sogar zur Feistzeit bei mir im Revier? Diese Fragen gilt es zunächst zu beantworten. Ist Letzteres der Fall, stehen die Chancen mehr als gut einen Hirsch zu erlegen. Da die Hirsche in dieser Zeit extrem auf Störungen reagieren, sollte jegliche Beobachtung und Planung aus der Ferne erfolgen. Es gilt herauszufinden, wo sie in der Dämmerung zum Äsen den Einstand verlassen und wo sie am Morgen wieder einwechseln. Welches Gebiet umfasst ihren Tageseinstand und gibt es hier sogar die Möglichkeit an einer Suhle die Hirsche abzupassen. Gerade Suhlen, die ständig Wasser beinhalten, sind an heißen Sommertagen ein wahrer Magnet für das Rotwild. Dies können kleine Tümpel oder schmale Bachbetten im Bereich ihres Tageseinstandes sein, welche sie mehrmals am Tag aufsuchen, um sich abzukühlen oder zu schöpfen. Wasser im Revier ist neben der Schaffung von Ruhe der wichtigste Faktor, um Rotwild zu binden.

Dabei ist es egal, ob Wasserstellen auf natürliche Weise entstehen oder künstlich von Ihnen angelegt werden. Weiß man nun um das Verhalten der Hirsche, kann man gezielt planen wo und wann man diese abpassen möchte. Anfang August ist es nur wenige Stunden dunkel, sodass man eine sehr gute Chance hat die Hirsche in den späten Abendstunden oder frühen Morgenstunden zu bejagen.

Die Bejagung

Ein besonderes Augenmerk muss auf dem Wind liegen. Dreht der Wind oder beginnt dieser zu küseln, sollte der Ansitz
unverzüglich abgebrochen werden, um die Hirsche nicht zu vergrämen oder im schlimmsten Fall deren Verhalten zu verändern. Dann beginnt die Suche und Planung von neuem. Gerade Getreidefelder sind oft ein guter Anziehungspunkt und bieten dem Wild eine hervorragende Äsung. In Schleswig-Holstein habe ich die Erfahrung gemacht, dass in vielen Bereichen große Maischläge auch bevorzugt vom Rotwild als Tageseinstand genutzt werden. Nicht immer sind es Wälder oder Brüche, die von den Hirschen bevorzugt werden. Je kürzer der Weg zwischen Äsung und Einstand, desto sicherer fühlen sich die Hirsche. Sollten die Hirsche in Getreidefeldern stehen, gilt es hier so schnell wie irgend möglich nach Aufgang der Jagdzeit im August tätig zu werden, bevor das Getreide abgeerntet wird. In unseren Breiten geschieht dies meist in der letzten Juliwoche oder der ersten Augustwoche. Mobile Ansitzeinrichtungen können an solchen Schlägen in ausreichender Entfernung platziert werden.

Wissen, auf was die Waffe eingeschossen ist

Diese sollte man ungesehen angehen können und auch wieder ungesehen verschwinden können, wenn es die Umstände erfordern. Mit ausreichendem Abstand meine ich wirklich einen Abstand, der so groß ist, dass die Hirsche einen nicht bemerken. Ist die Waffe auf GEE eingeschossen, ist ein Schuss auf einen Feisthirsch auf 200 Meter kein Problem. Das „Leben“, welches es zu treffen gilt, hat die Ausmaße von zwei Schuhkartons und die sollte jeder sicher auf eine solche Entfernung treffen. Das mit einem entsprechenden Geschoss gejagt wird, ist selbstverständlich. Ich bevorzuge in diesem Fall bleifreie Deformationsgeschosse oder wo noch erlaubt mit dem Mantel verbundene Bleigeschosse, welche eine nötige Tiefenwirkung besitzen. Das Kaliber ist dabei zweitrangig. Ich selbst nutze zum Beispiel eine .308 Win. Auch für den dicksten Feisthirsch muss es nicht eine 9,3 x 64 sein, doch das ist Geschmackssache. Nun besitzt man aber ein Revier, in dem die Hirsche weder zur Feist- noch zu Brunftzeit feste Plätze besetzen. Es ist aber eindeutig, dass das Revier im Streifgebiet des Rotwildes liegt – dann ist Ausdauer gefragt.

Täglicher Einsatz für ein Ziel

Tägliches Abfährten der entsprechenden Wechsel gibt einem Aufschluss über die Wechsel, die die Hirsche nutzen. Sitzfleisch ist vonnöten, denn man sucht die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Auch wenn die gesuchte Nadel in unserem Fall deutlich Größer ist und über 200 Kilogramm wiegen kann. Oft ziehen die Hirsche nicht in einer Nacht von einem Ort zum anderen, sondern legen bestimmte Zwischenstopps ein. Hat man also frische Fährten entdeckt oder die Hirsche sogar gesehen, gilt es in kürzester Zeit herauszufinden, wo sich diese aufhalten können und in welche Richtung sie vermeintlich weiterziehen. Diese Wechsel gilt es dann zu besetzen. Eine besonders gute Hilfe leisten in diesem Fall Wildkameras an verschiedenen Stellen, welche im Idealfall per Funk Bilder versenden, um nicht jeden Tag die Stellen mit der menschlichen Witterung zu belegen.

Der eine mag jetzt sagen, dass das alles nichts mehr mit Jagd zu tun hat. Die Jagd in einem Streifrevier auf den Rothirsch bedeutet einen riesigen Zeitaufwand. Die Technik hilft dabei diesen zu verringern und den Jäger zum Erfolg zu führen!

Äsungsflächen schaffen

Die Anlage von entsprechenden Äsungsflächen kann ebenfalls dazu führen, dass die Hirsche mehrere Tage eine Pause im Revier einlegen, um sich diese hochwertige Äsung bei einem ausgedehnten „Boxenstopp“ vor der Brunft zu gönnen. Hier ist ebenfalls eine langfristige Planung, ein gutes Verhältnis mit den Landeigentümern sowie Erfahrung gefragt. Einen Wildacker richtig anzulegen, ist enorm wichtig. Dabei ist sowohl die Platzwahl, als auch die Äsung entscheidend. Empfehlen kann ich insbesondere Buchweizen in Reinsaat, welcher auf alle Schalenwildarten extrem
ansprechend wirkt.

Wildbretverwertung

Einen weiteren Vorteil bringt die Jagd auf den Feisthirsch noch mit sich. Der Hirsch kann in Gänze und ohne Brunftgeruch oder Geschmack verwertet werden. Aus diesem Grund findet in vielen anderen Ländern die Jagd auf brunftige Hirsche jeder Art in dieser Zeit nicht statt. Ein Hirsch kommt nicht immer vom Himmel gefallen, man muss etwas dafür tun und all sein jagdliches Wissen und Können in Verbindung mit der dazugehörigen Technik nutzen, um in einem solchen Revier zum Erfolg zu kommen. Ich möchte Ihnen hier Mut machen diese Anstrengung in Kauf zu nehmen! Denn ich glaube, einen Hirsch im eigenen Revier zu erlegen ist ein Traum. Den sollte man sich nach Möglichkeit im Jägerleben erfüllen und alles dafür tun! Gehen Sie also raus und nutzen Sie Ihre Chance!