Röhrende Hirsche im Nebel – die Rotwildbrunft startet

Large red deer buck howling in a field

Der König der Wälder – zur Brunft dringt sein Röhren durch den ganzen Wald. (Foto: DamianKuzdak/ Getty Images)

Wenn die Nächte im September kühler werden und der Nebel tief über den Feldern liegt, hört man uriges Röhren aus den Tiefen der Wälder. Ein untrügliches Zeichen, dass die Brunft beim Rotwild beginnt.

Wer schon einmal die Brunft des Rotwildes miterleben durfte, der wird sie so schnell nicht mehr vergessen. Es jagt einem die Gänsehaut über den Körper, wenn die Hirsche röhren und der Platzhirsch sein Kahlwild gegen Konkurrenten verteidigt. Ein fesselndes und beeindruckendes Schauspiel, das man auf den Brunftplätzen erleben kann und das nicht nur Jäger in ihren Bann zieht.

Die Ruhe vor dem Sturm

Eine friedliche Ruhe macht sich in den Wäldern breit und kündigt den Herbst an. Die Nächte werden kühler, der Boden ist feucht und noch schafft es die Sonne über den Tag, den Nebel zu vertreiben. Kaum ein Vogel ist mehr zu vernehmen und die Vegetation bereitet sich auf die kalten Tage vor. Der erfahrene Rotwildjäger wartet indes voller Ungeduld auf den ersten Hirsch, der meldet. Es gibt keinen festen Termin, nach dem man die Uhr stellen kann, sondern nur eine grobe Zeitspanne. Irgendwann zwischen Anfang und Mitte September – abhängig von der Region in der man sich befindet – kündigt das Rotwild seine alljährliche Paarungszeit an. Noch verhalten, aber eindeutig hört man es: das tiefe Röhren der Hirsche.

Die Biologie des Rotwildes

Die Feistzeit ist vorbei und bei den Hirschen steigt der Testosteronspiegel. Unruhe macht sich breit, die Feisthirschrudel zerfallen und die Hirsche machen sich auf den Weg in ihre über Jahre hinweg angestammten Brunftgebiete. Dort ziehen sie mit ihrem Rudel auf die Äsungsflächen und bewinden die weiblichen Stücke, sowie deren Losung. Doch noch trennen sich die Hirsche immer wieder vom Rudel, um Abseits ihren Einstand zu beziehen. Das Kahlwild ist zu dieser Zeit noch nicht brunftig. An diesem Verhalten zeigt sich deutlich, dass die Paarungsbereitschaft des Hirsches nicht vom weiblichen Rotwild initiiert wird. Nach und nach wird auch das Kahlwild brunftig und der Platzhirsch bleibt nun stetig an der Seite seines Rudels. Er verteidigt es gegen Rivalen und treibt Stücke zurück, die sich zu weit entfernen – er rudelt es zusammen. Nicht brunftige Stücke weichen dem Hirsch aus. Die brunftigen Stücke signalisieren ihre Paarungsbereitschaft durch einen hochgestreckten Wedel und den Duldungsreflex – sie weichen dem Hirsch nicht mehr aus.

Keine Gnade für Konkurrenten

In der Regel werden die Beihirsche durch die imposante Erscheinung und das laute Röhren des Platzhirsches in Schach gehalten und fechten seine Stellung nicht an. Hin und wieder versucht einer der Beihirsche oder ein suchender Hirsch dann doch sein Glück und will ein Alttier vom Rudel wegtreiben. Der Platzhirsch ruht in der Brunft so gut wie nicht und es kommt zu einem vorerst ritualiserten Kräftemessen. Die Kontrahenten schreiten parallel zueinander auf und ab. Sie präsentieren ihre Breitseite und röhren. Zeigt sich keiner nachgiebig, kommt es zu einem Schiebekampf, bis einer seine Niederlage erkennt und das Weite sucht. Selten kommt es zu tödlichen Verletzungen. Denn auch hier gibt es Regeln: Wer seine Niederlage eingesteht, darf fliehen.

Nach der Brunft ist vor dem Winter

Der Platzhirsch verliert aufgrund der Kämpfe und der Paarungen bis zu 20% seines Körpergewichtes, denn er nimmt in dieser Zeit kaum Äsung auf. Ständig umrundet er sein Rudel und vertreibt andere Hirsche. Nach der Brunft gehen Hirsche und Kahlwild wieder getrennte Wege. Für die Hirsche ist es nun immens wichtig, ihre Reserven vor dem Winter wieder aufzufrischen. Dabei sind Mastjahre besonders hilfreich. Der abgebrunftete Hirsch kann ohne große Anstrengung seine Reserven für die bevorstehenden kalten Tage wieder auffüllen. Sein Geweih bleibt ihm noch bis in das Frühjahr hinein erhalten.

Wer die Brunft miterleben möchte, kann dies an vielen Orten in Deutschland. So bietet beispielsweise das Schutzgebiet Duvenstedter Brook die Möglichkeit die Brunft am Tage von Beobachtungsständen entlang der Wanderwege mitzuerleben.