Politikum – Warum wird der Wolf nicht bejagt?

Canis Lupus ist ein heikles Politikum das Stadt und Land spaltete. Doch warum wird er nicht bejagt?

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Der Wolf richtet bei Nutztieren und Wild große Schäden an. Symbolbild: Pixabay

Politikum Canis Lupus

Der Wolf ist nicht kompatibel mit unserer modernen, hoch entwickelten Kulturlandschaft. Eine Erkenntnis, die unsere Vorfahren bereits leidvoll machten – der Kampf mit Canis Lupus kann für viele hundert Jahre als existenzielle Bedrohung der Landbevölkerung bezeichnet werden. Doch in Anbetracht der Bestandsexplosionen und des politischen Unwillens zu handeln, kommt es einem derzeit fast vor, als herrsche in weiten Teilen des Landes eine Wolfsamnesie. Und doch ist der Grauhund in den letzten Jahren zunehmend zum Politikum avanciert. Allerdings weniger weil er Landbevölkerung, Tierhaltern, Jägern und Naturnutzern das Leben schwer macht, sondern weil er Synonym für Natur und Wildnis, zum Sinnbild aller urbanen Sensüchte geworden ist.

Ein Tier wie jedes andere

Dass das Politikum Wolf auch gegenwärtig wieder den Landtagswahlkampf bestimmt, ändert nichts am verbreiteten politischen Unwillen tatsächlich Maßnahmen zu ergreifen. Während man in Kärnten bereits das Jagdgesetz ändert, um mit Nachtsichttechnik effektiven und sicheren Herdenschutz sowie Bestandsregulierungen vornehmen zu können, schwadroniert man hierzulande noch über die Einhaltung abstrusester Schutzmaßnahmen im Landschaftsschutzgebiet und diversen sensiblen Ökosystemen. Dass Möglichkeiten bestehen Bestände zu regulieren bevor es zu spät ist, zeigen unsere Schwedischen Nachbarn, die derzeit planen den Wolfsbestand auf 200 anstatt wie bisher auf rund 400 Tiere zu begrenzen. Auch die Schweden sind Mitglied der EU, deren FFH Richtlinie hierzulande gängige Ausrede ist, um sich des Politikums Wolf nicht annehmen zu müssen. Schaut man beispielsweise in den Süden, ist es auch in Bayern möglich über die Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung bei „erheblichen wirtschaftlichen Schäden“ Biber zu entnehmen, die denselben europarechtlichen Schutzstatus genießen wie der Wolf. Dass die zahllosen toten Nutztiere in allen Teilen Deutschlands einen erheblichen wirtschaftlicher Schaden darstellen, lässt sich nicht negieren. Das Problem kann also nicht das rechtliche Instrumentarium sein.

Warum der Wille fehlt

Ursächlich für das Zaudern und Zögern vieler Entscheidungsträger ist sicherlich in erster Linie, dass man in Demokratien nunmal Mehrheiten braucht um zu regieren. Diese beschafft man sich konsequenterweise bei einer möglichst großen Klientel mit den jeweils opportunen Themen. Da in Deutschland, wie in vielen europäischen Staaten, das Gros der Wählerschaft in Städten lebt, fehlt es beim Wolf an der unmittelbaren Betroffenheit der Wähler. Wer noch nie anstatt seiner Schafherde vor einem Leichenberg und einem Blutbad stand, wer sich noch nie fünfmal umgesehen hat während er an einem kalten, dunklen Oktobernachmittag mitten im Dorf Schatten hinter sich her huschen sah oder auf der Pirsch plötzlich von der Seite angeknurrt wurde, der versteht nicht worüber gesprochen wird. Für den sind Themen wie die Parkverordnung oder vierspurige Radwege von Interesse, er dürfte auch relativ selten damit konfrontiert sein, dass sein Fahrrad auf dem Nachhauseweg von einer Bande marodierender Grauhunde flankiert wird. Für den bleiben Gegenden wie die Lüneburger Heide, die Uckermark und die Schorfheide spannende unberührte Wildnislandschaften in denen jeder jeden Frisst und die Natur sich selbst reguliert. Wie weit das von der Wirklichkeit in den ländlichen Gebieten entfernt ist, zeigt die steigende Zahl der Wolfsangriffe und der Zusammenstöße mit dem Menschen.