Neubürger, Kulturfolger & Co

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Die nachtaktiven Waschbären lassen sich mit einer Wärmebildkamera gut beobachten. Foto Roland Zobel

Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich mich totlachen. Seit Jahren schon explodiert die Population der Waschbären in Deutschland. In Dörfern und Städten werden die schlauen Kleinbären zum Problem. Anpassungsfähig wie sie von Natur aus sind, erschließen sich Waschbären alle möglichen Lebensräume. Wo sie Fraß und Unterschlupf finden, da sind sie zu Hause. Genauso verhält es sich mit Füchsen und Steinmardern. Diese beiden sind hier schon immer zu Hause und mindestens so anpassungsfähig wie die aus Nordamerika importierten Neubürger. Auch sie leben mittlerweile genauso oft in menschlichen Siedlungen wie in Feld und Flur. Einen Unterschied gibt es dennoch: Marder und Füchse nutzen bevorzugt was eben da ist. Dabei lassen sie sich auch relativ leicht durch versperrte Zugänge oder häufige Störungen vergrämen.

Waschbären machen ihrem Status als invasive Art alle Ehre

Bei Waschbären sieht es anders aus. Die Räuber mit der dunklen Maske sind ziemlich selbstbewusst. Unempfindlich gegen Störungen lassen sie sich nur schwer vertreiben. Dabei siegt ihre Neugier und Kampfeslust über den Fluchtinstinkt. Sie haben geschickte, hochsensible Vorderpfoten die dazu recht kräftig sind. Beim Beobachten der faszinierenden Kleinbären wird schnell klar woher sie ihren Namen haben. Sie ertasten und „begreifen“ alles mit den Pfoten und drehen Nahrung gerne zig Mal hin und her bevor sie zubeißen. Das sieht aus, als würden sie den Gegenstand quasi in den Vorderpfoten waschen. Dazu sind sie verwegene Kletterer und lassen sich nur von ausgeklügelten Schutzvorrichtungen davon abhalten überall hinauf oder hinein zu steigen. Waschbären heben Dachziegel an, schieben Verschalungsbretter zur Seite und verschaffen sich Zugang. Dabei macht es ihnen nichts aus Dämmwolle aus dem Weg zu räumen und sich daraus ein kuscheliges Plätzchen zum Schlafen zu bauen.

Waschbären sind geschickte Kletterer

Die besten Kletter-Akrobaten können von Waschbären noch was lernen.

Leider sind diese Kulturfolger nicht stubenrein

Bereits seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Waschbären bei uns in freier Wildbahn unterwegs. Einige sind aus Pelztierfarmen entwischt, andere gezielt ausgesetzt worden. So neu sind diese Neubürger also gar nicht. Doch eine neue Entwicklung ist, dass sie als Kulturfolger an immer mehr Orten Schlagzeilen machen. Vielleicht freut sich der ein oder andere Tierfreund ja über die pelzigen Poltergeister auf dem Dachboden. Spätestens wenn Geruch und erste Flecken an der Decke deutlich machen, dass die Untermieter nicht stubenrein sind wird die Tierliebe stark belastet. Seit rund 20 Jahren ist die Waschbär-Population in Deutschland so groß, das die Kleinbären verstärkt Dörfer und Städte besiedeln. Bis dahin hatte kaum jemand auf dem Schirm, das Waschbären Kulturfolger sein könnten. Dabei hätte ein Erfahrungsaustausch mit den Menschen in der nordamerikanischen Heimat der Wachbären schnell enthüllt, wie anziehend zum Beispiel Mülltonnen auf die Allesfresser wirken.

Neugierige und selbstbewusste Waschbären

Selbstbewusst und oft neugierig sind die Kleinbären. Oft lassen sie sich einfach nicht stören.

Selbsternannter Tierschutz verrät seine Schützlinge

Ein Blick auf die Schlagzeilen der Lokalpresse macht es mal wieder deutlich: Der ideologisierte Natur- und Tierschutz hat oft herzlich wenig mit dem Schutz der Tiere zu tun. Meinen Ärger darüber hat ein Artikel aus Hamm ausgelöst. Die beschriebenen Vorkommnisse um Neubürger und Kulturfolger im städtischen Bereich sind Beispielhaft für viele weitere in anderen Dörfern und Städten. In Hamm haben sich tierfreundliche Anwohner hilfesuchend an die Verwaltung gewendet. Füchse, Waschbären und Marder sind in den dortigen Gärten mittlerweile sehr zahlreich unterwegs. Belegt durch die Aufnahmen einer Wildkamera, forderten die Anwohner Unterstützung durch Jäger an. Die Schäden wurden einfach zu groß. Erfolg: Keiner! Die Stadtverwaltung redete sich mit Hinweis auf das Jagdverbot in befriedeten Bezirken aus der Verantwortung. Der örtliche NABU hält nichts von einer Bejagung, man könnte die Tiere nicht ausrotten.

Niemand will sie ausrotten

Auch für Neubürger, Kulturfolger & Co gilt: Ihr Lebensraum muss geeignet für sie sein und Konflikte mit anderen Bewohnern sollten minimiert werden. Seit rund 70 Jahren gibt es Waschbären in unseren Revieren und zumindest ich möchte diese interessante Wildart nicht missen. Doch gerade weil sie so anpassungsfähig und sind und sich ihre Population sehr dynamisch entwickelt, müssen sie scharf bejagt werden. Waschbären kommen mittlerweile in so großer Zahl vor, dass sie von Wildkrankheiten wie Räude oder Staupe befallen werden. Diese speziellen Krankheiten werden in der Wildbiologie nicht umsonst Populationsdichte abhängige Krankheiten genannt. Dahinter steht nichts anderes, als ein natürliches Regulativ. Die Krankheit kann sich erst dann ausbreiten, wenn zu viele dafür empfängliche Tiere einen zu kleinen Lebensraum teilen müssen. Wir sollten dieses Wissen schon allein aus Tierschutzgründen nutzen. Füchse und Waschbären gehen an Staupe elendig zu Grunde und nur wenige überleben einen Befall mit Räude-Milben. Es muss schon ein sehr hartherziger „Tierschützer“ sein, der ein Wildtiermanagement durch weidgerechte Bejagung verweigert.