Fütterungsverordnung für Wild – ist sie nötig?

Jedes Bundesland hat seine eigene Fütterungsverordnung für Wild. Und in jeder steht was anderes. Zwei Experten diskutieren Für und Wider der Regulierungen.

Jedes Bundesland hat seine eigene Fütterungsverordnung. Und in jeder steht was anderes.

Fragt man, wem sie nutzt, hört man unter vorgehaltener Hand: Dem Nachbarn, der nicht füttert. Nun gut, hier nun ganz offiziell ein Für und Wider der Verordnung.

Zwei Experten nehmen Stellung zu der aktuellen Fütterungsverordnung und antworten auf die Frage: Fütterungsverordnung für Wild – ist sie nötig?

JA – Eine Fütterungsverordnung ist nötig!

Peter Burkhard

Peter Burkhard

  • Jagdbuchautor

  • Pächter eines Hochwildreviers im Raum Lüchow-Dannenberg

Alle Hähne stehen still, wenn sein starker Arm es will: Der Kreisjägermeister hat die Notzeit ausgerufen – wir sind Jahre über das Millennium hinweg, und die Älteren müssen lange überlegen, wann die letzte Notzeit angeordnet wurde. Man einigt sich auf „in den 60er Jahren“.

Szenenwechsel: Jäger diskutieren über Teilzieher in der Vogelwelt, und wie so oft hört man den Satz: „Früher hatten wir noch Winter!“ Hand aufs Herz: Wo tut eine Fütterung noch Not, selbst wenn man nicht an den Klimawandel glaubt?

Fürsorgepflicht

Es mag tief empfundene Fürsorgepflicht sein – dieses Gefühl respektiere ich, aber notwendig sind (selbst wohl dimensionierte) Futtergaben nahezu nirgendwo. Womit wir schnell bei den berüchtigten „Schwarzen Schafen“ wären. Angeblich sind es nur wenige, die mit Futterexzessen die Jägerschaft in Misskredit bringen. Doch warum landen Anzeigen wegen „Überhege“ so oft auf Schreibtischen der Kreisjägermeister? Dazu addiert sich der (wie so häufig) nur aufs Schalenwild ausgerichtete Blick. Da findet sich eher eine Rehwild-Trestertonne als Hilfestellungen für Hühner und Hasen. Selbst legal können wir schon so viel vorlegen, dass diese Gaben reichen, große „Futtermengen“ zu bewegen.

Ein Beispiel aus der Praxis für die Fütterungsverordnung

In unserem 239 Hektar großen Busch in Niedersachsen sind sechs Kirrungen legal (max. 2 je 75 ha). Vier Kilo dürfen je Kirrung pro Tag ausge- bracht werden. Würden wir unterstellen, dass tatsächlich jede Nacht alle Kirrplätze abgeräumt sind, darf ich 24 Kilo Mais pro Tag ausbringen = 8,76 Tonnen pro Jahr! Meine Fütterungsverordnung liest sich schnell: Wenn überhaupt gefüttert werden „muss“, dann nur noch mit Sondergenehmigung und im Einzelfall – und ab sofort ausschließlich mit Futtermitteln, die nicht Verbiss-/Schälschäden hervorrufen. Wer sich nun als waidgerechter Nimrod zu Unrecht beschränkt sieht, beschwere sich bitte bei den „Schwarzen Schafen“.

NEIN – Eine Fütterungsverordnung ist nicht nötig!

Prof. Dr. Christoph Stubbe

Prof. Dr. Christoph Stubbe

  • Wildbiologe

  • Ehrenmitglied der Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung

Diese Frage kann eigentlich nicht einheitlich für alle Bundesländer beantwortet werden. Überall dort, wo man zum Beispiel Abschusspläne für Rehwild unter der Devise „Beseitigung von Bürokratie“ und „Stärkung der Eigenverantwortung von Jägerschaften und Hegegemeinschaften“ abgeschafft hat, braucht man auch keine Fütterungsverordnung. Das können dann die genannten Institutionen auch selbst regeln.

Eine Fütterungsverordnung bedeutet Verallgemeinerung

Vielerorts gab und gibt es gesetzliche Notzeitregeln, nach denen Jagdbehörden entscheiden, wann Notzeiten ausgebrochen sind. In der Praxis sah das bisher so aus, dass winterliche Notzeiten, die oft örtlich auftreten, durch bürokratische Wege erst dann ausgerufen werden, wenn sie vorbei sind. In dem ausgesprochenen Dürrejahr 2015 leiden Wildtiere in bestimmten Gebieten unter starkem Wassermangel. Das ist auch eine Notzeit! Wo wurde sie ausgerufen?

Kontrolle der Fütterungsverordnung

Fütterungsverordnungen sind in der Praxis schwer zu kontrollieren. Jagdbehörden sind dazu personell nicht in der Lage. So werden Hass und Zwietracht zwischen Jägern, Forstleuten, Tier- und Naturschützern gesät, weil dem einen oder anderen dies oder jenes nicht passt.