Der große Wurf?

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Am 13. Juli hat das Bundeslandwirtschaftsministerium einen Entwurf zur Änderung des Bundesjagdgesetzes vorgelegt. Die Hege soll nun nicht mehr nur so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, vermieden werden, sondern sie soll nun insbesondere eine Naturverjüngung des Waldes im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen. Waldstrategie 2050 lässt grüßen. Dieser Zusatz ist nur dann sinnvoll, wenn der Gesetzgeber nicht geschützte Naturverjüngung als nicht ordnungsgemäße Forstwirtschaft betrachtet.

Der Abschuss des Wildes ist nicht mehr nur so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden, sondern nun soll er auch eine Naturverjüngung im Wald im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen. Schon wieder die Waldstrategie 2050. Und schon wieder ein völlig sinnloser Zusatz, es sei denn, für den Gesetzgeber ist Naturverjüngung ohne Schutzmaßnahmen kein berechtigter Anspruch der Forstwirtschaft. Allmählich fragt man sich, wie das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium zu unseren Förstern und Waldbauern steht.

Für Rehwild soll die Abschussplanpflicht entfallen. Waldstrategie 2050 – gähn! Das ist schon in einigen Bundesländern der Fall. Und in den anderen Bundesländern bleibt der Plan solange, bis diese ihn abschaffen. Denn in dieser Frage besteht Länderhoheit. Warum also die Abschaffung im Bundesjagdgesetz? Sinnlos! Doch im gleichen Atemzug wird ein Mindestabschuss für Rehwild gesetzlich vorgeschrieben. Diesen müssen die Parteien des Jagdpachtvertrags jährlich gemeinsam festlegen. Das muss dann die zuständige Behörde absegnen. Allmählich wird die Welt auf den Kopf gestellt. Wo liegt der Unterschied zwischen Abschussplan und Mindestabschussplan? Nicht mal bei allergrößter Spitzfindigkeit lässt sich einer erkennen.

Die Ausbildung zum Jäger soll vereinheitlicht werden, ausreichende Kenntnisse sollen nun auch von Naturverjüngung vorliegen. Allmählich geht die Waldstrategie 2050 auf den Senkel.

Bei Gesellschaftsjagden wird nun von jedem Jäger ein Schießnachweis verlangt. Das gilt auch für Treibjagden, bei denen mit Schrot geschossen wird. Dieser neue Passus scheint vordergründig nichts mit der Waldstrategie 2050 zu tun zu haben, es sein denn, man erhofft sich dadurch, dass kein Stück Reh- oder Rotwild mehr vorbeigeschossen wird. Dann allerdings wäre ein Schießleistungsnachweis sinnvoller.

Ganz neue Wege geht der Gesetzesentwurf bei Jagdmunition. In Zukunft darf nur noch Munition verwendet werden, die eine zuverlässige Tötungswirkung erbringt und hinreichende ballistische Präzision hat. Was das auch immer heißen mag. Die Vorgaben, dass Büchsenmunition für Rehwild 1.000 Joule auf 100 Meter und für das übrige Schalenwild 2.000 Joule ausweisen muss, werden gestrichen. Ebenso die Mindestforderung nach einem Kaliber von 6,5 mm und darüber. Hier nun lässt sich die Handschrift der Waldstrategie 2050 gar nicht mehr erkennen. Es sein denn, die Forst plant, dem Rehwild mit Schrot den Garaus zu machen. Dass allerdings halte ich für weit hergeholt, oder? Ferner darf Büchsenmunition für die Jagd nur verwendet werden, wenn sie nicht mehr Blei als nach dem jeweiligen Stand der Technik abgibt – also Bleimunition soll verboten werden. Das war ja bei einer Novellierung zu warten. Ebenso, dass das sachliche Verbot der Jagd mit Nachtzielgeräten auf Schwarzwild aufgehoben wird. Beides also keine Überraschungen.

Vor dem Hintergrund, dass bis auf die Ausbildung zum Jäger, die Bundesländer bestimmen, wo der jagdliche Hase hinläuft, erscheint eine Novellierung des Bundesjagdgesetzes ohnehin ziemlich sinnlos. Es sei denn, das Bundeslandwirtschaftsministerium hofft darauf, dass die Länder die Neuerungen übernehmen.

Sinn ergeben all die Änderungen allerdings für Frau Klöckner. Nun kann sie in der breiten Bevölkerung damit punkten, etwas gegen den Klimawandel getan zu haben. Mit dem mehrfachen Einbau der Naturverjüngung ins neue Gesetz hat sie klargestellt, dass der Klimaretter Wald vor dem Klimakiller Reh nun gesetzlich geschützt wird – und das versteht jeder. Auch erweckt ein festgelegter Mindestabschuss in der Bevölkerung den Eindruck, dass nun aber mal so richtig was passiert. Und auch mit der Forderung, dass die Jäger nun nachweisen müssen, dass sie geübt haben, wird Frau Klöckner bei so manch Unbedarftem punkten. Und wenn sie sich nun hinstellt und sagt, dass die Jäger heute nur noch mit Jagdmunition schießen dürfen, die zuverlässig tötet und präzise sein muss, dann ist das für den Nichtjäger verständlicher, als wenn sie etwas von 1.000 oder 2.000 Joule faselt. Das sagt kaum jemandem etwas.

Von großem Wurf kann bei diesem Entwurf zur Änderung des Bundesjagdgesetzes also keine Rede sein. Vielmehr ist er ein weiterer Grund, den Glauben an die Politik zu verlieren – jedenfalls für mich.