Zwei Kaliber liegen aktuell im Trend: die 308 Winchester und die 6,5 Creedmoor. Doch wo unterscheiden sie sich und welches ist das geeignetere für die Jagd?
Kaliberdiskussionen sind so alt wie die Jägerschaft selbst. Während man in den absoluten Anfängen der Jagd eher darüber diskutierte, welcher Speer besser flog, hat man heute doch ein paar Parameter mehr. So bieten beispielsweise Kaliber, Lauflänge und Geschossart mehr als genug Gesprächsstoff. Zwei Kaliber sind momentan auf jeden Fall im Trend: die 6,5 Creedmoor und die 308 Winchester.
Geschichte – alte 308 Win
Die 6,5 erschien im Jahr 2007 das erste Mal auf der Bildfläche. Ballistiker der amerikanischen Firma Hornady hatten eine Patrone für Schießwettkämpfe auf größere Distanzen konzipiert. Der „Nachname“ der 6,5 leitet sich von einem Longe-Range Schießstand der NRA im Bundesstaat New York ab.
Nach ihrer Einführung wurde die Neue erstmal kritisch beäugt. Doch die Patrone erarbeitet sich schnell den Ruf sehr präzise, rückstoßarm und durch ihr modernes Hülsendesign sehr effizient zu sein. Genau dies waren die Maßgaben bei der Entwicklung gewesen. Begeisterte sagten voraus, dass sie der 308 in kürzester Zeit den Rang ablaufen würde. Einige Enthusiasten meinten, dass die 308 in der Versenkung verschwinden werde.
Die 308 war jedoch unter ganz anderen Vorgaben entstanden, denn sie war klar als Militärpatrone ausgelegt. Ihre militärische Version, die 7,62×51 NATO, entstand Anfang der 1950er Jahre. Damals erkannte man aber, dass die 308 Winchester mit weniger Rückstoß als die 30-06 bei ähnlicher Leistung auch ein hohes Potenzial für den jagdlichen Markt hatte.
Präzision – welche ist präziser?
Die Präzision ist sicherlich immer eine Frage der Munition und wie genau diese auf die jeweilige Waffe abgestimmt ist. Es kann also immer Waffen-Kaliber-Kombinationen geben, die super funktionieren, während eine ähnliche Kombi nur eingeschränkt präzise ist. Von den Konstruktionsmerkmalen der Patrone und den Erfahrungen aus Wettkämpfen ausgehend, ist die 6,5 Creedmoor etwas präziser als die 308. Dies ist bei einer für Wettkämpfe entwickelten Longrange-Patrone auch nicht verwunderlich, aber in der jagdlichen Praxis mit Schussentfernungen bis 200 m kommt der Unterschied nicht unbedingt zum Tragen. Wer allerdings das bisschen mehr an Präszision haben möchte, sollte der 6,5 den Vorzug geben. Idealerweise lädt man dann seine Munition selbst, sodass man das letzte Quäntchen herauskitzeln kann. Allgemein hat die 6,5 aber eher eine Tendenz dazu mit unterschiedlichen Laborierungen bessere Ergebnisse zu liefern.
Rückstoß – welche ist sanfter?
Galt die 308 um die Jahrtausendwende in deutschen Jägerkreisen eher als „Frauenkaliber“, so war dies meist durch den geringeren Rückstoß begründet. Aktuell wird die 308 gerade wegen dieser zahmen Schießeigenschaften gerne verwendet. Sie ist inzwischen definitiv ein Bestseller. Wem allerdings die 308 doch etwas zu sehr tritt, der hat mit der 6,5 eine noch zahmere Kandidatin. Aus derselben Waffenkonfiguration geschossen, ist die 6,5 um einiges sanfter.
Wobei die Frage ist: Wo ist die Grenze zwischen sanft und sanfter? Allgemein verschwimmen die Unterschiede zwischen den Kalibern, wenn man verschiedene Waffentypen anschaut. Eine leichte Gebirgswaffe gibt allgemein mehr Rückstoß an den Schützen weiter als ein schwerer Repetierer mit 19 mm Lauf und Schalldämpfer. Bei der Verwendung von Schalldämpfern kann dieser etwas mehr Dämpfleistung bringen, wenn er „nur“ ein 7 Millimeter Loch anstatt einem 8 Millimeter Loch hat. Allerdings muss man hier genau schauen, welche Kalibergruppen die Hersteller mit ihrer Lochbohrung zusammenfassen. Unter Umständen werden mit den Sicherheitszuschlägen die 6,5er und .30er Kaliber zusammengefasst.
Ballistik– 6,5 Creedmore schießt flacher?
Die Geschosse der 6,5 haben einen hohen ballistischen Koeffizienten, woraus allgemein abgeleitet wird, dass sie eine flachere ballistische Kurve als die 308 hat. Wichtig ist hierbei jedoch zu beachten, dass bei vergleichenden Diagrammen selten gleich schwere oder zumindest ähnliche Geschosse verglichen werden. Die 6,5 hat zwar leichte Vorteile in der Energiespeicherung, jedoch fallen diese auf übliche Jagddistanzen nicht groß ins Gewicht. Wo die 6,5 deutliche Vorteile hat, ist eine geringere Winddrift. Hier kommt wieder ein Vorteil einer Longrangepatrone zum Tragen. Jeder sollte zu Beginn schauen, ob er überhaupt deutlich über die 250 Meter jagen wird.
Wirkung – 308 Win mit mehr Power?
Dass die Wirkung auf ein beschossenes Stück grundsätzlich vom Treffersitz und dem verwendeten Geschoss abhängen dürfte, sollte jedem klar sein. Jedoch gibt es bei der 308 mehr Möglichkeiten schwere Geschosse zu verwenden. Auch die Schweißhundführer würden sich im Zweifelsfall bei gleichem Treffersitz und Geschoss immer für das Kaliber mit dem größeren Durchmesser entscheiden. Die 308 hat eine größere Stirnfläche, wird allgemein auch zu einem größeren Gesamtdurchmesser aufpilzen und somit mehr Schaden machen. Ein etwas größeres Loch verstopft mutmaßlich nicht so schnell wie ein rund 1 Millimeter kleineres. Allgemein wird die 6,5 vor allem bei Drückjagden in diesen Belangen nicht immer gern gesehen. Man erinnere sich nur an die früher häufigen, aber auch heute noch zu findenden, Einladungen mit dem Text: „Kaliber ab 7 mm“. Eins muss man allerdings feststellen: Ein „Bumm und um“ – Kaliber für schweres Wild sind sie beide nicht.
Munition – 6,5 Creedmore kaum verfügbar?
Gleich vorweg: die Munitionsverfügbarkeit beider Kaliber ist sicher. Beide Kaliber sind etabliert, haben ihre Fans und daher auch in der Industrie einen Platz auf den Fertigungslinien. Lieferprobleme sind oft eher einer konfrontativen Weltlage geschuldet. Was man allerdings bei der 308 Win hat, ist einen deutlich höhere Auswahl an Laborierungen. Da sie auch schwere Geschosse verdaut, gibt es mehr Möglichkeiten. Dadurch kann man für seinen speziellen Einsatzzweck eher eine Patrone finden und durch das höhere Angebot hat man auch preislich oft mehr Spielraum. Die 6,5 punktet allerdings mit ihrer sehr guten Verträglichkeit mit verschiedenen Patronen, wodurch man vielleicht eher eine zufriedenstellend schießende Laborierung findet. Während man bei der 6,5 ca. 50 Laborierungen findet, sind es bei der 308 mehr als doppelt so viele.
Die 6,5 Creedmore endet konstruktionsbedingt im Bereich von 156 grains (10,1 Gramm) wohingegen die 308 Win erst bei 220 grains (14,2 Gramm) aufhört. Dadurch ist die 308 auch eher für die Drückjagd geeignet als die 6,5.
Fazit– 6,5 Creedmore und .308 Win
Es handelt sich bei beiden Kalibern um gute Allzweckjagdkaliber und beide haben sich bei Sportschützen und Jägern etabliert. Sehr viele Waffentypen bieten beide Kaliber als Wahloption. Die 6,5 hat eine höhere Grundpräzision, wohingegen die 308 schwere Geschosse verschießen kann. Was einem wichtiger ist, muss jeder selbst entscheiden.