Waldstrategie 2050 – eine krachende Linke

In der Waldstrategie 2050 fordern Deutschlands Forstwissenschaftler – durch die Blume – die Aushöhlung des Reviersystems. Was daran alles falsch ist, weiss Lucas v. Bothmer. 

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© Lukas Szmigiel/unsplash

In der Jägerschaft sorgte die Waldstrategie 2050 des wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik des BMEL  für Entsetzen. In ihr fordern Deutschlands Forstwissenschaftler – durch die Blume – die Aushöhlung des Reviersystems. Was daran alles falsch ist, weiss Lucas v. Bothmer. 

Krachende Linke

„Ein zentrales Hindernis für ein effizientes Wildtiermanagement zur Verbesserung der Verjüngungssituation im Wald ist die Tatsache, dass die Jagdausübung vielfach in der Hand von Jägern liegt, die bei der Jagd Entspannung vom beruflichen Alltagsstress und Erholung in der Natur suchen und dem Waldzustand gegenüber der Jagd keinen Vorrang einräumen. Diese Ausrichtung wird durch Lücken in der heutigen Jagdgesetzgebung erst ermöglicht (Ammer et al. 2010). Diese basiert in ihrer Ausrichtung nach wie vor auf Anliegen des Reichsjagdgesetzes aus dem Jahre 1934, das weder wichtige wildbiologische Zusammenhänge, Tierschutzaspekte, Biodiversitätsanliegen noch effiziente Kontrollen der Wildtierbestände kannte, sondern die Hege und den Aufbau attraktiver Wildtierpopulationen anstrebte. Hier muss es zu einer grundlegenden Neuausrichtung kommen, die die heutigen Erkenntnisse des Tierschutzes, der Wildbiologie, der Waldökologie und eines effektiven Wildtiermanagements zeitgemäß und differenziert berücksichtigt.“

– Aus der Waldstrategie 2050, Wiss. Beirat für Waldpolitik, BMEL, Februar 2020

Dieser Absatz bildet die neuesten Erkenntnisse unseres CDU-geführten Bundeslandwirtschaftsministeriums ab. Das war früher mal eine gute Nachricht. Heute ist es eine krachende Linke ins Gesicht von 383.000 Jagdscheininhabern. Die würden sicher gerne wissen, inwiefern das gezielte Ansprechen säugenden Schalenwildes auf Alter, Geschlecht oder Gesundheitszustand hin auf „wildbiologische Zusammenhänge“ verzichtet. Es wäre spannend, zu erfahren, wer eigentlich die knapp zwei Millionen Stück Schalenwild bei uns im letzten Jahr erlegt hat, wenn es die vom „Alltagsstress“ geplagten,
„Erholungsjäger“ nicht gewesen sein können, weil sie so sehr damit beschäftigt waren, „attraktive Populationen“ zu züchten.

Auch dürften sich viele von uns für die Frage interessieren, wo genau staatliche Erleger, die aus rein waldbaulicher Pflichterfüllung jagen, „Tierschutzaspekte“ besser beherzigen, als private Jäger, die das Ziel eines „gesunden, artenreichen Wildbestandes“ verfolgen – ganz im Sinne des Bundesjagdgesetzes.

Dieses Gesetz im Übrigen entstammt mitnichten der Feder trophäengeiler Nationalsozialisten. Die „Nazikeule“ ist nicht nur alt und morsch, sie trifft hier leider den zerbeulten Helm unbescholtener Bürger.

Denn es war nicht „Reichsjägermeister“ Göring, welcher das Jagdrecht an Grund und Boden band: Es war das deutsche Bürgertum im Jahre 1848.

Um dieses Jagdrecht beneidet uns bis heute halb Europa. Es spart dem Staat Milliarden und es belässt die Verantwortung für Wild, Wald, Wiese und Acker da, wo sie hingehört – bei den Grundeigentümern.

Doch all das steht nicht in der 70 Seiten langen Hetzschrift des „Beirates Waldpolitik“. Unisono wird dort ignoriert, dass der deutsche Wald seit Jahren leider auch da verdurstet, wo nicht etwa knochenhungrige Industriebonzen, feudale Krautjunker, oder mordlustige Futterschlepper die Büchse schwingen, sondern die kundigen Staatsförster.

Ebenfalls ignorieren die Herren Forstwissenschaftler, dass die Jagdausübung unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes steht. Es hat sich niemals allein waldbaulichen Zielen unterzuordnen. Warum auch? Zum „Ökosystem“ Wald gehören Hirsch und Reh schließlich genauso. Schon das so gescholtene „Reichsjagdgesetz“ übrigens ermöglichte jedem Grundeigentümer, ob Land- oder Forstwirt, gegen zu hohe Wildbestände auf seinen Flächen vorzugehen – selbst so genannte „Polizeijagden“ sind in Ausnahmefällen seit Jahrzehnten gelebte Praxis.

Besonders erwähnenswert weil so besonders grotesk ist die Idee eines „Mindestabschussplanes“ für verbeißendes Schalenwild. Die Unterstellung, dass Revierinhaber ihren Abschuss mutwillig unterschreiten, wäre, wie Bauern absichtliche Missernten zu unterstellen – in ihrem ureigensten Un-Interesse. Was für den Acker die Bodenpunkte, ist für ein Revier der Abschussplan. Und diese Bonität bedarf wahrlich keiner Abschaffung.

Schade, dass sage und schreibe 15 Professoren gemeinsam all dies übersehen konnten.