Zu wenig zu spät: Der Wolfsparagraph

Der neue Wolfsparagraph soll Weidetierhalter in Deutschland bei Problemwölfen helfen. Warum die Änderungen nichts bringen werden, weiss Fokko Kleihauer.

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@ Patrick Hendry

Die regierenden Minister haben sich auf einen neuen Wolfsparagraph im Bundesnaturschutzgesetz geeinigt. Der Wolf soll einfacher entnommen werden können. Jagdausübungsberechtigte dürfen sich an diesen Wolfsentnahme in Zukunft beteiligen. 

Das bringt der neue Wolfsparagraph

Seit Monaten eiern Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium in der Frage des Wolfes hin und her. Der Druck erhöhte sich stetig, endlich eine Lösung zu finden. Doch die CDU und SPD geführten Ministerien eckten an jeder Ecke an. Jetzt ist der neue Wolfsparagraph da und weicht die strengen Entnahmekriterien leicht auf. Für Jäger sind drei Änderungen wichtig:

  • Wölfe können ab sofort entnommen werden, sobald Weidetierhalter einen „ernsten“ Schaden erlitten haben. Zuvor war das oft erst möglich, wenn der wirtschaftliche Schaden schon existenzschädigende Züge angenommen hatte.
  • Der reissende Wolf muss nicht mehr genau identifiziert werden. Jedes Tier aus dem Rudel ist nach gerissenen Tieren quasi „vogelfrei“. Es können solange Wölfe entnommen werden, bis kein Schaden mehr entsteht.
  • Jagdausübungsberechtigte sollen in Zukunft in die Entnahme „eingebunden“ werden. Wenn der Jäger sich dagegen entscheidet, muss er die bestellten Wolfsentnehmer im Revier dulden.

Neuer Wolfsparagraph ist politisches Fast Food

©Lance Anderson

Plötzlich ging alles ganz schnell. Innerhalb von zwei Tagen ist der neue Wolfsparagraph beschlossene Sache. Montag fragte das Bundesumweltministerium den DJV um eine Stellungnahme.  Wie lange der Verband für die Antwort Zeit hätte? Wenige Stunden, lautet die Antwort der zuständigen Referenten. Das kritisierte unser Verband zu recht scharf: „Ernst gemeinter Dialog mit den Betroffenen sieht anders aus“, kommentierte DJV-Präsident Hartwig Fischer.

Aber an Dialog scheint das SPD-geführte Ministerium nicht interessiert zu sein. Ein Handlungskonzept der Nutzerverbände zum Wolf liegt seit Monaten im Bundesumweltministerium herum. Eine Antwort auf das Konzept hat noch keiner der Verbände erhalten. Auch der Runde Tisch Wolf tagte kein einziges Mal, seit Svenja Schulz das Ministerium leitet. Die Expertise und Meinung der Betroffenen scheint nicht wirklich zu interessieren in Berlin.

Wolfsparagraph  ist ein fauler Kompromiss

© Julian Hochgesang

Ganz klar: Jäger und Weidetierhalter hatten sich mehr erhofft. Das neue Wolfsgesetz ist ein fauler Kompromiss, der versucht Jäger, Weidetierhalter und Naturschützer gleichermaßen zu befriedigen. Dabei bekämpfen die neuen Richtlinien nur die Symptome der Infektion Wolf und nicht die Infektion selber. Tierhalter müssen weiter Anträge stellen und sind abhängig vom Wohlwollen der zuständigen Beamten und Wolfsbeauftragten.

Jäger sollen mit einer optionalen Teilnahme an der Entnahme ruhig gestellt werden. Wie genau das funktionieren soll, weiss wahrscheinlich nicht mal das Ministerium. Wölfe beanspruchen Reviere von mehreren hundert Quadratkilometern. Soll eine Entnahme eine reelle Chance haben, müssten dutzende Reviere und Jäger koordiniert werden.

Bundesumweltministerium ignoriert die Betroffenen

Laut Svenja Schulze ist das Gesetz ein vernünftiger Interessenausgleich. Weit gefehlt. Die Lockerungen im Gesetz kommen zu spät. Eine Population, die längt die tausend Tiere überschritten hat, mit Antragsabschüssen im Zaun zu halten, ist vergebene Mühe. Man könne da nichts machen, Wölfe sind nunmal streng geschützt ist die Standardantwort der Politiker.

Warum das zwanghafte Klammern an die EU-Richtlinien? Schweden und Finnland machen es vor. Eine geregelte Jagd ist nicht unmöglich, wie es immer wieder gerne behauptet wird. Erst vor wenigen Tagen bestätigte das ein Generalanwalt der EU.

Auch der DJV fordert, die FFH-Richtlinien voll auszunutzen und eine geregelte Jagd einzuführen. Vergebens. Wir sollten das Signal aus Berlin richtig deuten. Es ist nicht erwünscht, dass sich die Betroffenen in das Thema einbringen. Das Ohr der Ministerin hat Deutschlands Natur- und Tierschutzelite.

Den sozialen Sprengstoff in der Frage Wolf ignoriert die Politik mit dieser Gesetzesänderung weiterhin. Wer is wichtiger: Die Verwalter und Besteller unserer Kulturlandschaft, oder der Wolf?

Wir kennen die Antwort. Hoffen wir, das der gesunde Menschenverstand bald auch hinter Berliner Schreibtischen aufblüht.