Brauchen wir eine Alkoholkontrolle?

Gert G. v. Darling (Fachbuchautor) und Ludger Michels (Sozialversicherung; Spezialbereich Prävention) in der Pro-Contra-Diskussion.

Alkohol Messgerät ©Anna Kaufmann

©Anna Kaufmann

JÄGER-Diskussion

Ein Thema – zwei Expertenmeinungen!

Vor jeder Gesellschaftsjagd wird vom Jagdleiter gefordert, die Jagdscheine zu kontrollieren. Sollte nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Umgang mit Waffen unter Alkoholeinfluss entsprechend vor jeder Drück- oder Treibjagd ein Test auf Alkohol durchgeführt werden? Hier zwei Stellungnahmen.

Ludger Michels

Nach der Unfallverhütungsvorschrift „Jagd“ (VSG 4.4) kommt dem Jagdleiter eine besondere Verantwortung für einen sicheren Ablauf der Jagd zu. Bei einer Gesellschaftsjagd muss der Jagdherr (Pächter oder Eigenjagdbesitzer) einen Jagdleiter bestimmen, wenn er nicht selbst die Aufgabe wahrnimmt. Die Anordnungen des Jagdleiters sind zu befolgen (VSG 4.4 § 4 (1)). Er hat zum Beispiel Personen, die infolge mangelnder geistiger und körperlicher Eignung besonders unfallgefährdet sind, die Teilnahme an der Jagd zu untersagen (VSG 4.4 § 4 (4)). Es ist unstrittig, dass der Konsum von Alkohol und anderen berauschenden Mitteln das Unfallrisiko erhöht. Deshalb dürfen sich Versicherte durch Alkohol oder andere berauschende Mittel nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können (VSG 1.1 § 12 (1)). Daraus folgt jedoch nicht die Verpflichtung für den Jagdleiter, vor oder während jeder Jagd eine Alkoholkontrolle durchzuführen. Wenn jedoch der Alkoholkonsum und das damit einhergehende Sicherheitsrisiko etwa durch auffälliges Verhalten oder Ausfallerscheinungen eines Jagdteilnehmers erkennbar sind, dann hat ihm der Jagdleiter die (weitere) Teilnahme an der Jagd zu untersagen.

Gerd von Harling

Als ich zum ersten Mal von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über „Promillejäger“ las, musste ich an ein Erlebnis denken: Ein Bauer fuhr mit einer Spritze über seinen Acker. Nebenan tobte ein Junge mit einem Fangnetz hinter einem Schmetterling her. Ein Wanderer stellte ihn zur Rede: Er solle doch keinen Schmetterling fangen und töten. Der Kleine ließ traurig den Kopf hängen und ging heim. Der Bauer zog weiter seine Bahn. Und die Tötungen Bauer:Kind standen 1.000:1. So scheint es mir auch mit der Strafe gegen den Waidmann zu sein. Auf der anderen Seite sind da die 80 Millionen deutschen Silvesterfeuerwerker. Sage und schreibe 10.000 Tonnen jagen sie binnen weniger Stunden in den Äther, sprengen sich und andere in die Luft, jedes Jahr Tote, Blinde und anders Verletzte. Unkontrolliert, unsachgemäß – aber erlaubt. Aber über dieses eine Jägerlein steht spaltenlang in allen Gazetten. Ich möchte nicht missverstanden sein: Natürlich passen übermäßiger Alkoholgenuss weder hinter den Abzug noch hinter das Lenkrad. Doch dieses berühmte „Gläschen in Ehren“ sollte auch ein Gericht nicht verwehren. In diesem Einzelfall mag es sogar gerechtfertigt gewesen sein, aber auf Lebenszeit einen Waidmann von der geliebten Jagd auszuschließen, das erscheint mir drakonisch. Eines zu sagen liegt mir noch am Herzen: Jäger werden beobachtet, als stünden sie unter Generalverdacht. Ich möchte, dass bei Schüsseltreiben und anderen jagdlichen Zusammentreffen genussvoll mit Wein und Bier umgegangen wird. Und werden darf. Die Jägerei würde sonst ärmer werden. Schon gar nicht kann und will ich mir vorstellen, dass ein Jagdleiter vor der Jagd seine Gäste durch Pustekontrolle darauf untersucht, ob sie Alkohol genossen haben. Keiner anderen Gruppierung unserer Gesellschaft würde man so etwas zumuten. Der Blockwart gehört einer anderen Zeit an. Gott sei Dank! Und er soll auch keine Wiederauferstehung feiern.