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JÄGER Ausgabe März 2019 Das Jahr nach der Jahrhundertstrecke

Riesenthals Erben

 

„Es ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild,

waidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“

 

Diesen Leitspruch Riesenthals kennt wohl jeder Waidmann von Flensburg bis Tirol. Aber machen wir uns bitte nichts vor. Wer die aktuellen Meldungen aus Österreich liest, für den muss er klingen wie blanker Zynismus. Im Mariazellerland etwa sind jüngst wegen der starken Schneefälle unzählige Wildtiere erfroren. Die Forstbeamten hatten die Anzahl der dort seit Jahrzehnten existierenden Winterfütterungen dras- tisch reduziert und dies sogar zugegeben. Ob solche Maßnahmen im Nachbarstaat Bayern angesichts leergeschossener Forstämter überhaupt noch nötig sind, dürfte fraglich sein.

Als Grund wird dann gerne angegeben, dass man „Natur Natur sein lassen“ wolle. Fast so, als gäbe es weder alpinen Skitourismus, noch Tourengeher, noch verbaute Täler. Fast so, als könnten Gams und Rot- hirsch etwas dafür, dass man sie in die hohen Schneelagen vertrieben hat, damit sich Millionen von Snowboardern und Wanderern über planierte Pisten und Pfade wälzen können. Aus Angst vor Schäl-schäden durch das Wild, das in seiner Not buchstäblich Rinde frisst, wird dieses dann im Sommer und Herbst so scharf unter Feuer genommen, dass man es vielerorts nur mehr nachts sieht. Doch die Abschusspläne sind gnadenlos. So bleibt beflissenen „Schädlingsbekämp-fern“ jetzt als „Ultima Ratio“ nur noch der Vernichtungskrieg durch radikalen Heu-Entzug. Das alles ist kein Horror- szenario, sondern in einigen alpinen Forstämtern bittere Realität.

Was aber geht in den Köpfen der Ver- antwortlichen vor? Warum haben die Ureinwohner des Waldes dort kein Lebensrecht mehr? Und warum haben diejenigen, die das Gemeinwohl vertreten sollten, nämlich unsere Staatsdiener, eine so andere Agenda als wir Privatjäger, die wir in unserer Freizeit versteuertes Einkommen ausgeben, um unser Wild zu schützen, zu hegen und Riesenthals Maxime zu folgen? Warum muss ausgerechnet der Staat, die seit jeher gestaltgewordene Unwirtschaftlichkeit, eigentlich Gewinn erzielen statt einen „artenreichen und gesunden Wildbestand“, so wie es im Gesetz steht? Und noch eine pikante Frage zum Schluss: Wo waren eigentlich die tier-schützenden Hausfriedensbrecher von der PETA, als es darum ging, Heuballen die Berge hinaufzutragen, wie es so viele Berufsjäger in Deutschland und Österreich jeden Morgen in jedem Winter tun, kaum, dass die ersten Flocken fallen?

Unser Rotwild kann einem leid tun. Erst haben wir es in die Wälder vertrieben. Dann in die Nacht. Und nun, wo es dort vegetiert, wird es zwischen den Fronten privater und öffentlicher Waldbesitzer aufgerieben. Der Graben zwischen „uns“ und denen, die im Wald kein Biotop für unsere Wildtiere mehr sehen, sondern nur noch eine Holzplantage, ist tiefer denn je. Es ist kaum zu glauben, dass ein Mann wie Oskar von Riesenthal ein Staatsförster war. Er würde sich heute die Schulterklappen herunterreißen vor Scham.

 

 

  • Das Jahr nach der Jahrhundertstrecke
    • Wo sie auf den Drückjagden steckten und wo nicht
    • Wie es um die Bestände derzeit bestellt ist
    • Was wir in der nächsten Saison zu erwarten haben
  • Deutschlands Wölfe
    Welche Kosten sie verursachen
  • Der gute Jäger
    Was ihn ausmacht