Bei Wind auf der Pirsch

Unser Autor Alexander Timpe geht bei Wind und Sturm auf die Pirsch. Die Vor- und Nachteile beleuchtet er kritisch. Ob er seinen letzten Rehwildabschuss erledigen konnte, lesen Sie hier.

REHE FELD

Rehe im Feld lassen sich bei Wind gut in geschützten Ecken anpirschen. (Foto: Pixabay)

Wenn der Wind jagt, soll der Jäger

… auf Pirsch gehen. Das letzte Januarwochenende ist angebrochen und es stehen noch einige offene Stück Rehwild auf dem Abschussplan. Auch das Rotwild hat noch Jagdzeit. Doch ausgerechnet jetzt zieht Sturmtief Nadia über Norddeutschland und der Wind bläst kräftig. Da muss die Büchse wohl oder übel im Waffenschrank bleiben. Oder etwa doch nicht?

Drückjagd und Ansitz machen wenig Sinn

Eine alte Jägerweisheit besagt: „Wenn der Wind jagt, soll der Jäger zu Hause bleiben.“ Bedingt macht dies sicherlich Sinn. Bei Extremwetterlagen ist das Wild allgemein weniger aktiv. Auf dem Ansitz hat man also nicht nur mit dem ins Gesicht peitschenden Wind zu kämpfen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit Anblick zu bekommen ist weitaus geringer, als unter normalen Bedingungen. Auch Drückjagden machen bei starkem Wind recht wenig Sinn, da das Wild sich länger in den Einständen drückt und es zudem vermehrt zu Fehlschüssen kommt. Den Wald sollte man bei Sturm aus Sicherheitsgründen ohnehin meiden. Ab Windstärke 8 herrscht Lebensgefahr durch herabfallende Äste oder umstürzende Bäume!

Pirsch bei Sturm: Gute Aussichten auf Jagderfolg

Die Jagdart, bei der man von starkem Wind oft profitieren kann, ist die Pirsch. Wildarten wie Dam- und Rehwild halten sich bei Sturm meist an windgeschützten Hägen oder windabgewandten Waldrändern auf. Hat man das Wild erstmal lokalisiert, ist das Angehen deutlich leichter als bei ruhigen Windbedingungen. Während man normalerweise penibel darauf achten muss keinen Lärm zu erzeugen, verschluckt starker Wind auch laute Geräusche, wie das Knacken eines Astes, auf den man versehentlich tritt. Auch menschliche Bewegungen werden schlechter vom Wild wahrgenommen, da die Vegetation ohnehin stark wackelt. Unter Beachtung der Windrichtung, kann das Wild den Jäger bei Sturm unmöglich riechen, da es keine Probleme mit „küselndem“ Wind gibt.

Auswirkungen von Wind auf den Treffersitz

Bleibt noch die wichtige Frage: Wie stark beeinflusst der Wind die Flugbahn des Geschosses? Bei Rückenwind oder Wind von vorne sind die Abweichungen des Treffersitzes zu vernachlässigen. Kommt der Wind allerdings seitlich, kann es gerade bei größeren Schussentfernungen zu erheblicher Winddrift kommen. Als grobe Faustregel kann man sagen, dass man ab Windstärke 4 nicht mehr weiter als 200 Meter, ab Windstärke 5 nicht mehr weiter als 150 Meter und ab Windstärke 8 nicht mehr weiter als 100 Meter schießen sollte. Ein Schuss auf größere Distanzen würde bei Seitenwind nämlich zu Treffersitzabweichungen von mehr als zehn Zentimetern führen. Wer genauere Daten haben möchte, muss sich zu seinem jeweiligen Geschoss ballistische Berechnungen erstellen lassen.

Fazit

Der nächste Sturm ist keine Ausrede die Füße aufs Sofa zu legen, sondern kann wunderbar zur Pirschjagd vor allem im Feld entlang von Knicks genutzt werden. Ab Windstärke 8 sollten aber auch hartgesottene Jäger zu Hause bleiben, da es schlichtweg zu gefährlich ist! Insgesamt sollte stets auf die im Wind stehenden Bäume geachtet werden und Pirschgänge ausschließlich im Wald in Frage gestellt werden.

Den zu Beginn angemahnten Rehwildabschuss am letzten Januarwochenende konnte ich trotz Wind dennoch erledigen. Am nahen Feldgehölz standen drei Stück Rehwild in einem Knick, die ich ohne Probleme anpirschen konnte. Auf dem Schießstock aufgelegt musste ich im Anschlag nur warten, bis sich eines der beiden Kitze breit stellte. Nach einigen Minuten brach der Schuss und das Stück lag im Knall. Der Wind hat den Schuss ohne Schalldämpfer sofort verschluckt.