Kanzlerin Baerbock? Was eine Regierungsbeteiligung der Grünen für Jäger bedeuten könnte

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Die Grünen machen sich berechtigte Hoffnungen auf eine Regierungsbeteiligung in der kommenden Legislaturperiode. Foto: Mika Baumeister/Unsplash

Knapp fünf Monate sind es noch bis das Land einen neuen Bundestag wählt. Doch am 26. September dieses Jahres endet nicht nur die aktuelle Legislaturperiode der Bundestagsabgeordneten – es wird auch ein neues Staatsoberhaupt gewählt. Nach 16 Jahren mit Union und SPD an der Spitze des Parlaments stehen die Zeichen in diesem Jahr auf Wandel. Und dieser Wandel könnte womöglich einen grünen Anstrich bekommen.

Nachdem die Grünen am Montag offiziell Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin ins Rennen schickten – und eine grüne Regierungsbeteiligung wahrscheinlich ist, stellen sich viele Jäger die Frage: „Was bedeutet eine Regierungsbeteiligung von Bündnis 90/Die Grünen eigentlich für mich als Jäger und generell für die Jagd in Deutschland?“ Ein kurzer Blick auf vergangene Aussagen und ins Positionspapier der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Tierschutz.

Ein Blick ins Positionspapier: Verbote über Verbote

Und nun, da eine Regierungsbeteiligung der Grünen mehr als wahrscheinlich erscheint, lohnt ein Blick in das Positionspapier zum Thema Jagd aus dem Jahr 2013 der BAG Tierschutz, die sich aus Parteimitgliedern der Grünen zusammensetzt und eine beratende Funktion einnimmt. Dort sticht sofort die lange Liste der geforderten Verbote bezüglich des Jagdrechts ins Auge. Eine kleine Zusammenfassung: Die BAG spricht sich unter dem Unterpunkt Tierschutzpolitik für etliche Anpassungen aus. Dabei sollen folgende Jagdmethoden und Praxen verboten werden:

  • Die Jagd mit Schrot
  • Die Fallenjagd
  • Die Baujagd
  • Die Beizjagd
  • Das Aussetzen von Tieren für jagdliche Zwecke
  • Das Ausbilden von Jagdhunden an lebendigen Tieren
  • Keine Jagd in biologischen Schutzgebieten und Naturreservaten
  • Liste der jagdbaren Arten soll auf Rot – und Damhirsch, Reh und Wildschweine reduziert werden
  • Jagdzeiten sollen reduziert und auf die Zeit zwischen Oktober und Dezember beschränkt werden

Verbot von privatem Waffenbesitz

Dass die Grünen und Jäger in Deutschland generell als inkompatibel gelten hat schon fast Tradition. Doch woran liegt das eigentlich? Die Position der Umweltpartei zu bestimmten Themen sind klar: So forderten die Grünen bereits im Juni 2020 ein generelles Verbot von Waffen im Privatbesitz – mit Ausnahme von Jägern. Das ist prinzipiell erstmal gut, bedeutet aber nicht, dass Jägerinnen und Jäger auch in Zukunft von diesem Waffenverbot ausgenommen sind. Auch Förster sollen weiterhin Schusswaffen tragen dürfen. Für tausende Sportschützen in Deutschland wäre ein Waffenverbot eine Katastrophe.

Naturschutzgebiete werden priorisiert

In Naturschutzgebieten sollen die Ziele des Naturschutzes über den Jagdrechten stehen. Dies soll auch großflächige Wildnisgebiete betreffen, die nicht von Menschen genutzt werden sollen. Das beinhaltet logischerweise auch die Jagd. Zwar sollen Jagdrecht und Naturschutz getrennte Rechtsbereiche bleiben, das Jagdrecht soll nach der Umweltpartei aber an den Tierschutz angepasst werden.

Keine Beutegreiferjagd

Vor den Bundestagswahlen 2017 haben die Grünen sich für strenge Verbote und Beschränkungen ausgesprochen. Zum Beispiel sieht der Plan der Partei vor, das Töten mit Fallen, die Baujagd sowie die Hundeausbildung in Schliefenanlagen zu verbieten. Ähnlich sieht es bei der Bejagung von Beutegreifern aus. Diese soll entweder eingeschränkt oder gänzlich verboten werden. Darüber hinaus soll auch der Großteil der jagdbaren Arten gestrichen werden – geschützte Arten sollen gar nicht bejagt werden dürfen.

Beschränkung des Wildtierhandels

Im Mai 2020 äußerte sich die bundesgrüne Sprecherin für Naturschutz, Steffi Lemke, zum Thema Wildtierhandel und sprach sich für eine deutliche Regulierung aus: „Es braucht ein Verbot von Wildtier-Importen und eine Positivliste, die nur den Handel mit Arten zulässt, die unter Berücksichtigung von Tier-, Natur- und Artenschutz, aber auch aus Gesundheits- und Sicherheitsaspekten unbedenklich sind. Die Bundesregierung muss den Wildtierhandel als Problem endlich erst nehmen – mit Blick auf die Naturvernichtung und auch die Verbreitung von Krankheiten.“

Die Grünen fordern Verbot von Trophäenjagd

In einem 2020 verabschiedeten Grundsatzprogramm der Grünen heißt es hinsichtlich der Trophäenjagd: „Zum Schutz von Arten gehört es auch, den Wildtierhandel und die Trophäenjagd effektiv zu unterbinden.“ Was damit genau gemeint ist, bleibt schleierhaft. Klar scheint hingegen, dass laut den Grünen der weltweite Handel mit Wildtieren jeglicher Art, ob tot oder lebendig, gänzlich verboten werden soll. Dies würde nicht nur den Schmuggel von gewilderten Arten aus der afrikanischen Savanne betreffen, sondern ebenso den legalen Handel. Ob dieses generelle Verbot auch den Handel von Wildbret innerhalb Europas betrifft, ist unklar.  Klar ist hingegen: Die Europafraktion der Grünen hatte vor kurzem einen Antrag einer parlamentarischen Splittergruppe unterstützt, der Pläne für ein etwaiges Verbot vorsah.

Nur noch bleifreie Munition?

Der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner forderte in einer Parlamentsrede im Januar 2021 ein generelles Verbot von bleihaltiger Munition – im Jargon der Umweltpartei auch „Bleiverbot“ genannt. Dabei behauptete der Politiker, bleihaltige Munition sei eine Gefahr für Mensch und Natur: „Das belastet Ökosysteme, wildlebende Arten und über Bleirückstände im Wildfleisch auch die menschliche Gesundheit. Deshalb muss diese andauernde Vergiftung endlich ein Ende haben!“

Eine grüne Regierungsbeteiligung ist noch keine Garantie dafür, dass auch alle Forderungen umgesetzt werden, da auch die Grünen innerhalb einer Koalition Abstriche machen müssen. Zudem kommen die radikalsten Forderungen aus der BAG Tierschutz, die keine Gesetze erlassen kann. Dennoch zeigt die Positionierung der Grünen deutlich, auf was wir uns langfristig unter einer grünen Regierung einstellen müssten.