Die Brauchbarkeitsprüfung und was sie noch wert ist

IMG_8982

Nicht das Prüfungszeugniss, sondern der Jagdleiter kann in Baden-Württemberg über die Eignung von Hunden für den Stöbereinsatz entscheiden. (Foto: Isabelle Nyari)

Ohne jagdlich brauchbare Hunde, geht die Jagd zugrunde. Doch was ist die Brauchbarkeit heute noch wert?

Wer tierschutzkonform und waidgerecht jagen will, der kommt an guten Hunden nicht vorbei. Egal ob auf der Nachsuche, am Gewässer, beim Stöbereinsatz, im Feld oder im Bau: der brauchbare Jagdhund ist nicht wegzudenken. Viele Bundesländer kochen dabei ihr eigenes Süppchen. Für das Land Baden-Württemberg ist eine bestandene Prüfung beispielswese nicht nötig, um einen Stöberhund als jagdlich brauchbar zu definieren.

Im Dschungel der Hundeprüfungen

Die meisten Verbände haben ihre eigenen Prüfungsordnungen. Neben den Verbandsprüfungen – also den rassespezifischen Prüfungen – gibt es noch die ländereigenen Brauchbarkeitsprüfungen. Diese werden auf Grundlage des Bundesjagdgesetzes festgelegt und im Gegensatz zu den rassespezifischen Prüfungen nicht von den Rasseverbänden, sondern von den Landesjagdverbänden ausgeschrieben. Alle anerkannten Jagdhunderassen können an dieser Prüfung teilnehmen – egal ob Gordon Setter, Flat-coated Retriever, oder Leica. Doch wie es so oft bei ländereigenen Angelegenheiten ist: jeder kocht sein eigenes Süppchen. In allen 16 Bundesländern gibt es unterschiedliche Brauchbarkeitsprüfungen und Voraussetzungen. Eine einheitliche Lösung fehlt.

Ausnahmezustand in Baden-Württemberg

In Paragraf 38, Absatz 3, Satz 1 des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes (JWMG) des Landes Baden- Württemberg gibt es eine Lücke. Denn auf die jagdliche Brauchbarkeit von Jagdhunden wird nicht eingegangen. Dort heißt es lediglich: „Bei Such- und Bewegungsjagden sowie bei jeglicher Bejagung von Federwild, mit Ausnahme der Beizjagd, sind geeignete Jagdhunde mitzuführen und zur Nachsuche zu verwenden.“ Der konkrete Verweis auf eine Prüfung ist nicht enthalten.

Der JÄGER-Redaktion liegt ein Schreiben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) von Herbst 2023 vor, in dem auf diesen Absatz verwiesen wird.

Jagdleiter entscheidet über die Eignung

Zusätzlich wird in dem Schreiben betont, dass für eine Brauchbarkeitseinstufung eines Stöberhundes eine Prüfung grundsätzlich nicht erforderlich sei. Zur „Vermeidung unnötiger Bürokratie“ entscheide „die Jagdleitung gemäß der hiesigen Rechtslage, ob ein Hund für die Stöberjagd geeignet und brauchbar ist“. Mit dem Zuwendungsverfahren „Infrawild“ in Baden-Württemberg unterzeichnet der Jagdleiter also nicht nur die Teilnahme des Hundeführers. Er bestätigt damit auch die jagdliche Brauchbarkeit des Hundes, ohne dass dafür vorher ein entsprechender Prüfungsnachweis vorliegen muss.

Gewissenhafte Hundeführer

Für gewissenhafte Hundeführer ist das ein Schlag ins Gesicht. Ein Jäger, der selbst schon einen oder mehrere Hunde ausgebildet und auf den Verbandsprüfungen vorgestellt hat weiß, wie viel Arbeit, Zeit, Geld und Nerven dahinterstecken. Es beginnt mit der gewissenhaften Auswahl des Welpen, und erstreckt sich über Jahre, bis der Hund sein Potenzial bewiesen hat, um brauchbar zu sein. Erst dann ist er auf Stöberjagden versichert und kann guten Gewissens eingesetzt werden. Besonders entscheidend ist dabei der Fährtenlaut des Hundes. Nur mit laut jagenden Hunden kann der Tierschutz gewährleistet werden. Dass Hunde in Baden-Württemberg ohne eine abgeschlossene Prüfung an Drückjagden teilnehmen dürfen, entbehrt jeglicher Vernunft. Zudem bringt der Einsatz nicht geprüfter Hunde die Jagd noch mehr in Verruf und hat nichts mehr mit waidgerechtem und tierschutzkonformem Wildtiermanagement zu tun.

Alle sind gleich, manche sind gleicher

Oft erkennen Hundeführer die eigenen Grenzen oder die des Hundes nicht. Der eigene Hund ist immer der Beste. In einigen Bundesländern ist es nun schon so weit, dass ein Hund nicht mal mehr aus einer jagdlichen Leistungszucht stammen muss. Schlimmer noch: es werden Hunde zugelassen, die keiner anerkannten Jagdhunderasse angehören. Sie müssen lediglich dem Phänotyp eines solchen entsprechen. Es reicht also, wenn ein Hund nur aussieht wie ein Jagdhund, damit er zur Brauchbarkeit zugelassen wird. Wie sich das auf den Jagdbetrieb und das Tierwohl auswirkt, kann bisher nur erahnt werden.