Die Bockjagd steht vor der Tür! Unsere JÄGER-Experten verraten Ihnen ihre exklusiven Tipps und Tricks, wie Sie Rehwild richtig ansprechen.
Der ältere Bock
Bei älteren Stücken fallen vor allem die tiefen Rosen auf, die langsam in Richtung der Lichter „rutschen“. Weiteres Indiz für einen alten Bock sind das aschfahle Gesicht, das ausgesprochen heimliche Verhalten und die schwächer werdende körperliche Verfassung. Richtig alte Böcke setzen zurück.
Deutlicher Muffelfleck: Rehwild richtig ansprechen
Der mittelalte Bock
Mittelalte Rehböcke sind wohl die auffälligsten Vertreter ihrer Art. Sie strotzen vor Kraft, sind noch viel in Bewegung und meist gut sichtbar. Die Rosen sitzen noch hoch auf dem Haupt, oft ist ein deutlicher Muffelfleck sichtbar. Im Habitus ist er noch lange kein alter Herr. Doch Achtung: Manch einer wirkt älter als er ist.
Der Jährling
Der Jährling ist in Erscheinungsbild und Verhalten noch ein halbes Kitz. Unsicher, neugierig und keinesfalls heimlich, ist er mit am einfachsten anzusprechen. Hier gilt es zu selektieren, welche Stücke erlegt werden sollen und welche noch ein großes Potential haben. Bei den Jährlingen werden die meisten Stücke erlegt.
Exaktes Alter ist schwer bestimmbar
Frank Heil
Auf der Grundlage von über 500 selbst erlegten Rehböcken und weiteren über 50 gestreckten Rehböcken, bei denen ich als Jagdführer oder Jagdbegleiter dabei war, habe ich einige Erkenntnisse gewonnen.
- Das exakte Ansprechen des Alters lebender älterer Böcke, aber auch das des Gehörns nach dem Erlegen, ist kein Kinderspiel und oft nur mit großen Toleranzen (3 Jahre und mehr) möglich.
- Meine gegenwärtigen Ansprechversuche umfassen einen Komplex: Gesundheitszustand, Gehörn, Körperform (speziell Rumpf mit Hals), Zustand der Decke je nach Jahreszeit (Milben usw.), Deckenfarbe (z. B. Muffelfleck) und nicht zuletzt Verhalten – um nur die für mich wichtigsten zu nennen.
- Wenn ich – wie in den eigenen Revieren – selbst entscheiden kann, erlege ich diejenigen Böcke, die mir aus einem Bauchgefühl heraus als Beute zusagen. Trophäengesättigt sowie beeinflusst von meinem relativ hohen Alter („altermild“) sind das derzeit kapitale Böcke mit über 400 g Gehörngewicht, deutlich Abnorme und selbstverständlich kranke Tiere.
Vor dem Schuss: Rehwild richtig ansprechen
Harwig Görtler
Im eigenen Revier sollte das Ansprechen weit vorm Schuss beginnen. Ich versuche die Böcke schon vorher anzusprechen und so zu erkennen, wo und wen ich selektieren kann.
- Klassische Merkmale wie Gebäude, Träger, Gehörn, Perlung, Rosenstöcken sowie Form, Größe und Sitz der Dachrosen
- Weitere Merkmale, die den Ausschlag geben: Wie heimlich ist er? Wann und wie tritt er aus? Wie steht er im Vergleich zu seinen Artgenossen dar?
- Zusätzlich zu beachten: Wie verhält er sich in seinem Revier? Und wie reagieren seine männlichen Kollegen, wenn er den Platz betritt?
Junge Böcke sind häufig, alte Böcke selten
In dieser Kombi aus klassischem Ansprechen, Beobachten und Vergleichen kann ich den Platzbock ausmachen und mich entweder auf seinen alten Vorgänger oder junge Rivalen konzentrieren, bis er selber wirklich alt und reif ist.
Prof. Dr. Stubbe
- Man sollte die Altersschätzung in jung (einjährig), mittelalt (2- bis 4jährig) oder alt (ab 5jährig) vornehmen. Dabei sind besonders die jungen und alten Böcke von Interesse, da der Rest mittelalt ist.
- Bei normaler Bestandsgliederung sind junge Böcke am häufigsten. Bei diesen gibt es solche mit dem ersten und andere mit dem zweiten Gehörn. Erstere haben noch keine Rose und sind meistens etwas schwächer. Böcke mit schwarzem Nasenfleck sind einjährig.
- Alte Böcke sind relativ selten. Man erkennt sie an den kurzen Rosenstöcken, da jährlich ein Teil von diesen an den abgeworfenen Gehörnstangen verbleibt. Bei Revierkämpfen siegt meistens der ältere Bock.
Rehwild richtig ansprechen – kein Hauptmerkmal
Gesichtsausdruck und Figur alter Böcke sind im Vergleich zu jungen Böcken zu beurteilen. Aber da kann man sich leicht täuschen.
JÄGER Redaktion
Das Ansprechmerkmal schlechthin gibt es nicht!
- Das Gebäude und der Habitus eines Rehbocks sind sicherlich mit die aussagekräftigsten Merkmale.
- Überdies helfen der Sitz der Rosen und das „Gesicht“, Capreolus capreolus anzusprechen.
- Angesprochen und jetzt? Gerade zu Beginn des Jahres gilt das Augenmerk primär der Jugendklasse und den schwach veranlagten Stücken.
Unterschiedliche Merkmale zur Altersbestimmung
Dabei ist nicht allein die Trophäe, sondern vor allem auch die körperliche Verfassung und der Standort eines Bocks maßgeblich. Dabei gilt es auch mit Blick auf die vorhandenen Einstandflächen und das Potential des Habitats zu jagen.
Patrik Bollrath
Gesetz des Örtlichen: Das Ansprechen von Böcken auf ihr Alter kann regional sehr unterschiedlich sein.
- In meinem Heimatrevier ist es meistens so, dass Böcke, die alle herkömmlichen Altersmerkmale aufweisen, meistens zwischen 3 und 4 Jahre alt sind. Andersherum sind 3-4-jährig angesprochene Böcke meistens deutlich älter. Man muss sich daher auf Wildbretgewicht und Trophäenstärke vor Ort eichen.
- Der Körperbau ist wesentlich aussagekräftiger als die Färbung des Hauptes, der Sitz der Dachrosen oder die Trophäenstärke. Hier gelten gleiche Kriterien wie bei der Altersansprache von Hirschen.
- Das Verhalten ist ein wichtiger Punkt. Ein alter Bock ist nicht umsonst alt geworden und lässt sich nicht ohne weiteres beobachten. Letztes Büchsenlicht und eine überdurchschnittliche Skepsis sind ein Zeichen für ältere Stücke.
Wiedererkennung: Rehwild richtig ansprechen
Jens Krüger
Wer sein Wild kennt, alt werden lässt und genau beobachtet, hat auch mit dem Ansprechen keine Probleme.
- Stark in der Jugendklasse eingreifen und gute Böcke alt werden lassen, sollte dabei unser Ziel sein.
- Es ist hochinteressant, Böcke ein Leben lang zu begleiten, denn daraus entwickelt sich auch unser eigener Lernprozess zum Ansprechen.
- Der Habitus ist ein Anhaltspunkt für das Alter, ebenso ist es der Sitz der Rosen, sicher ansprechen kann dennoch nur, wer den Bock in seinem Habitat kennt.
Es gibt Regelmäßigkeiten, die Böcke ein Leben lang beibehalten. Wir haben eine Handvoll schwarzer Rehböcke im Revier, die uns dies stets bestätigen. So versuchen Böcke, das Territorium vom Vorjahr immer wieder einzunehmen.
Kurze Prinzipien zum Erlegen eines Bocks
Herbert Schröder
Um einen Bock zu erlegen, gibt es für mich ganz kurze Prinzipien, die eigentlich überall in Deutschland und Ausland passen:
- Ein guter Jährling ist Lauscher hoch bzw. unter Lauscher hoch.
- Bei einem guten Zweijährigen ist mindestens Gabler über Lauscherhoch.
- Der gute Dreijährige ist ein Sechser über Lauscherhoch.
Abweichungen möglich: Rehwild richtig ansprechen
Dass es Abweichungen von dieser Norm gibt, ist völlig klar, und wenn sich Leute über Abschüsse streiten wollen, gibt es immer einen Weg. Aber ich habe erfahren, dass die neuen Jäger oft keine Richtschnur haben, wie sie das mit dem Rehabschuss handhaben sollen. Meine Erklärung oben ist nicht ganz richtig, für die erste Einweisung aber passend.
Eike Mross
Die folgenden Faustregeln helfen dabei, einen Rehbock in eine der drei Gruppen einzuteilen: Jung, Mittelalt und Alt.
Deutung anhand der Rosen und Rosenstöcke
- Jung (1-2 Jährig)
Der erste Blick sollte auf die Rosen gehen. Beim Jährling sind die Rosen und Rosenstöcke oft kaum sichtbar. Sie sind schlank und wiegen aufgebrochen meist um die zehn Kilogramm. Alles an ihnen ist dünn: der Träger, der Brustkorb, die Keulen. Vom Verhalten sind sie einfach zu erkennen: Sie sind einfach noch recht unerfahren. - Mittelalt (3-5 Jährig)
Die Rosen sind deutlich ausgebildet und wachsen meist waagerecht auf den Rosenstöcken. Sie sind noch deutlich erkennbar. Insgesamt mehr Masse als ein junger Bock, aber noch nicht wirklich kräftig. Der Träger wird nicht mehr ganz so hoch getragen und auf dem Blatt haben sich schon Muskeln gesammelt. - Alt (5+ Jährig)
Die Rosen beginnen auszusehen, als würden sie direkt aus dem Schädel wachsen. Es wirkt so, als würden sie rechts und links vom Haupt rutschen. Reife Böcke sind bullig und träge. Der Träger ist breit, der Rücken hängt durch und die hängenden „Eselohren“ sind oft Zeichen für einen alten Bock. Sie sind misstrauisch und blicken oft mürrisch.