Habrok Pro von HIKMICRO: Eins für Alles?

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Was genau kann das Habrok Pro von HIKMICRO? Wir haben das Gerät auf Herz und Nieren getestet. © Fotos: Patrik Bollrath

Das Habrok Pro von HIKMICRO verbindet Wärmebildgerät, Fernglas, Laserentfernungsmesser und Nachtsichtgerät in einem Gehäuse. PATRIK BOLLRATH hat es getestet.

Sie gehören mittlerweile genauso zur Jagd wie die Büchse oder der vierläufige Begleiter. Der technikaffine Jäger brachte es in jüngster Zeit also im schlimmsten Fall auf vier verschiedene Geräte: Wärmebildgerät, Fernglas, Entfernungsmesser und Nachtsichtgerät. Eine ganze Menge Ballast und natürlich die Frage, ob man dies wirklich alles braucht. Was aber, wenn alle diese Geräte in einem Gehäuse kompakt und einigermaßen leicht verpackt sind? Ist es nicht das, was man sich immer gewünscht hat, wenn man auf dem Ansitz war und wieder eines der vielen verschiedenen Geräte nicht am Mann hatte?
Das neue Habrok Pro HQ50LN verbindet all diese Funktionen zusammen in einem Gerät, das von außen zunächst aussieht wie ein modernes Fernglas mit einigen Knöpfen. Bevor wir jedoch auf die technischen Details des Geräts zu sprechen kommen, möchte ich zunächst den Aufbau skizzieren.

Habrok Pro von HIKMICRO: Technik für alle Herausforderungen!

Im linken Tubus sitzt das digitale Fernglas bzw. Nachtsichtgerät. Dieses kann über das Objektiv scharfgestellt werden. Auf der Brücke des Multifunktionsfernglases sitzt der Infrarot-Bildaufheller. Hier gibt es zwei verschiedene Versionen. Einmal die Version HQ50L mit dem 850-nm-Aufheller, welcher leistungsstark ist, aber auch von Wild wahrgenommen wird und insbesondere von vorsichtigen Sauen und Rotwild als störend empfunden werden kann. Dann gibt es noch das HQ50LN mit einem 940-nm-IR-Bildaufheller. Dieser hat ca. 20 % weniger Leistung, ist aber für das Wild unsichtbar.

Je nachdem, wie und wo man das Gerät einsetzen möchte, kann man den passenden Aufheller wählen. Der IR-Strahler kann jeweils gegen den anderen ausgetauscht werden, muss aber extra erworben werden. Der IR-Strahler kann durch Drehen fokussiert werden, um das Bild bestmöglich auszuleuchten. Unter dem Strahler befindet sich der Laserentfernungsmesser. Im rechten Tubus befindet sich das Wärmebildgerät, welches ebenfalls über das Objektiv scharfgestellt werden kann. Beide Okulare haben klappbare Augenmuscheln, die bei Tag störendes Seitenlicht abdecken können. Die Okulare können durch Verschieben auf den richtigen Augenabstand eingestellt werden, sodass man ein angenehmes Bild erhält. Zu guter Letzt lässt sich natürlich auch an beiden Okularen ein Dioptrienausgleich vornehmen. Kommen wir nun zu den technischen Details und dem wahren Kern dieses futuristischen Geräts.

Gestochen scharfe Bilder

Das HABROK Pro nutzt einen HD-Wärmebildsensor. Dieser Sensor bietet eine unglaubliche Detailgenauigkeit und erkennt selbst kleinste Wärmeunterschiede. Insbesondere auf weite Entfernungen lassen sich mit diesem Sensor viele Details erkennen und erlauben so sicheres Ansprechen. Mit einer Auflösung von 1280 × 1024 Pixeln, einer extrem hohen Wärmeempfindlichkeit mit einem NETD-Wert von < 15 mK und einem Pixel Pitch von 12 Mikrometern erhält man ein Bild, welches bis dato schwer zu vergleichen ist. Ein sehr plastisches und detailreiches Bilderlebnis. Die Detektionsreichweite beträgt laut HIKMICRO 2,6 Kilometer.
Detektionsreichweite bedeutet, dass der Sensor eine Wärmequelle auf diese Entfernung noch ausmachen bzw. erkennen kann und in einem Pixel auf dem Bildschirm abbilden kann. Dass man natürlich in nur wenigen Revieren 2½ Kilometer über freie Flächen schauen kann, ist denke ich keine Frage, jedoch bedeutet dies, dass das Erkennen und Ansprechen auf deutlich kürzere Entfernungen extrem gut funktioniert.

Nacht- und Tagsicht

Der optische Kanal des Geräts verfügt über einen 4K-Digitalkanal für Tag- und Nachtaufnahmen. Das Bild kann in mehreren Stufen herangezoomt werden. Die Grundvergrößerung des optischen Kanals liegt bei ×5,5, gefolgt von ×11, ×16,5 und ×22. Wer jetzt an das digitale Zoom von Handys oder älteren Kameras denkt, irrt sich. Auch auf der höchsten Vergrößerung ist das Bild immer noch gestochen scharf und alles andere als verpixelt. Wirklich genial. Mit dem integrierten Bildstabilisator, welcher durch ein Softwareupdate auf das Gerät gespielt werden kann, bleibt das Bild auch erkennbar und somit nutzbar für den Betrachter.

Wer kennt es denn nicht, dass beim Anblick eines gesuchten Stückes nicht doch etwas die Hände anfangen zu zittern? Der Bildstabilisator hilft hier prima dagegen. Ein prima Werkzeug, um bei Tag und Nacht Wild sicher bis ins kleinste Detail anzusprechen. Das Gleiche gilt nämlich auch für das schwarzweiße Nachtbild. Selbst auf knapp 200 Meter ist das Bild noch gut ausgeleuchtet und man erkennt das Wild auch über den optischen Kanal. Es ist wirklich beeindruckend, wie scharf und klar das Bild wirkt, vergleicht man dies mit Geräten, die nur wenige Jahre alt sind. Natürlich lässt sich auch der Wärmebildkanal in vier Schritten zoomen (×4,3 / ×8,6 / ×12,9 und ×20). Auch hier gibt es in der hohen Vergrößerung ein noch sehr scharfes und detailreiches Bild, das beeindruckt. Der Laserentfernungsmesser hat eine maximale Reichweite von bis zu 1000 Metern.

Durch die Okulare schaut man auf einen 0,49″-OLED-Bildschirm mit einer Auflösung von 1920 × 1080. Dieser gibt ein sehr großes und angenehmes Bild wieder. Man hat hier wirklich das Gefühl, auf einen großen Bildschirm zu schauen.

Gerade zum Ansprechen liefert der Nachtsichtmodus gestochen scharfe Bilder.

Viel Power im Gehäuse

Zu der beschriebenen vorzüglichen Hardware hat das Habrok Pro auch eine sehr durchdachte und benutzerfreundliche Software. Man kann zwar jede Menge Dinge einstellen, jedoch übernimmt das Gerät viele Dinge automatisch für einen mit. Was bedeutet, dass man nicht in vielen verschiedenen Untermenüs herumprobieren muss, was die beste Einstellung für einen ist. Das Gerät bietet zwar eine Standardauswahl von Farbmodi oder auch Kontrast und Helligkeit, sind diese jedoch einmal eingestellt, kann man damit unter eigentlich allen Begebenheiten arbeiten.

Auch kann man sich zum Beispiel den Farbmodus, welchen man am besten findet, auswählen und alle anderen ausschalten. So muss man sich nicht immer durch alle Farbmodi drücken, wenn man zwischen Thermal- und optischem Kanal hin und her wechseln möchte. Verschiedene bildoptimierende Entscheidungen trifft das Gerät alleine, wenn man den Automatismus angestellt hat. Sprich: Es werden Kontrast und Helligkeit oder auch die Intensität des IR-Strahlers automatisch geregelt, um das bestmögliche Seherlebnis zu bieten. Dieser Automatismus funktioniert wirklich sehr gut. Insgesamt gesehen kann das Gerät jeder sicher und schnell bedienen, da es selbsterklärend ist – und das auch für Menschen, die wenig technikaffin sind.

Ebenso automatisch wird das Gerät in den Standby-Modus versetzt, wenn es über einen speziellen Winkel gehalten wird, sprich, wenn es um den Hals hängt. Das Gerät geht in den Standby-Modus und spart Akku. Der Akku befindet sich an der Seite des Geräts und hält ganze sieben Stunden. Tatsächlich habe ich den Akku noch nie auf dem Ansitz bei einem Ausgang leer machen können, sondern eher nach drei bis vier Ansitzen gegen den beiliegenden Wechselakku getauscht. Eine Wahnsinns-Akkuleistung für diese ganze Technik, die in dem Gerät verbaut ist. Nun mag man auch denken, dass das Gerät mit dem Innenleben sicher zwei Kilogramm wiegen muss. Doch weit gefehlt: Mit 870 Gramm ist es sogar leichter als manche großen 56er-Nachtgläser und somit total im Rahmen.

Das Bild des Wärmebildkanals ist ebenfalls phantastisch.

Das Bild des Wärmebildkanals ist ebenfalls phantastisch.

Habrok Pro von HIKMICRO: Alleskönner mit vielen Features

Natürlich können mit dem Habrok auch Fotos und Videos aufgenommen werden und es gibt natürlich eine WLAN-Schnittstelle, womit das Gerät mit der dazugehörigen App des Herstellers verbunden werden kann, um Updates durchzuführen oder die Fotos und Videos zu verwalten. Zusätzlich gibt es noch eine großzügige, praktische Fernglastasche, in welcher das Gerät sicher verstaut werden und auch die Wechselakkus untergebracht werden können.

Wie ist das Gerät nun in der Praxis? Um ehrlich zu sein: Beim ersten Ausgang musste ich erst einmal verstehen, dass ich nicht ein neues Gadget aus dem letzten James-Bond-Film in den Händen halte, sondern dass dies wohl die neue Realität in puncto Beobachtungsgeräte auf der Jagd ist. Die Bilder sind einfach unglaublich gut. Besonders hilfreich ist vor allem nachts der Wechsel zwischen Nachtsicht und Wärmebild. Häufig sieht es so aus, als ob im Wärmebild das Stück frei steht, mit der Nachtsicht zeigt sich dann insbesondere im Wald häufig das Gegenteil – und das Stück wird von mehreren Ästen, die man im Wärmebildgerät nur schwer erkennen kann, versperrt.

Auch erspart man sich bei der Jagd auf Raubwild die Ansprache aufgrund des Bewegungsmusters, sondern kann ganz einfach mit dem Nachtsichtkanal das Stück sehr schnell und präzise ansprechen. In der Damwildbrunft kann man mit dem 4K-Kanal sehr gute und detailreiche Fotos von den Hirschen machen, ohne eine zusätzliche Kamera mitführen zu müssen.

Habrok Pro von HIKMICRO: Eins für  alles?

Auch benötigt man keinen zusätzlichen Entfernungsmesser mehr oder verschätzt sich bei Dunkelheit komplett in der Entfernung, wenn man das Gelände nicht kennt. Es überzeugt die Bildqualität auf jedem Kanal und auch der Entfernungsmesser funktioniert ohne Probleme. HIKMICRO setzt hier wirklich neue Standards im Jagdbereich – und man muss wirklich einmal selbst durchgeschaut haben, um die Bildqualität zu erleben. Der einzige Wermutstropfen ist das relativ kleine Sehfeld. Im Feld durchaus praktisch, jedoch im Wald bedeutet dies viel Bewegung, um auf kurze Entfernung nichts zu verpassen. Hier würde ich mir anstatt der 12,6 m × 7,2 m ein deutlich größeres Sehfeld oder eine geringere Grundvergrößerung wünschen. Das Multifunktionsglas ist aufgrund seiner Maße und des Gewichts sowohl für die Pirsch als auch für den Ansitz gleichermaßen geeignet. Dass so ein Gerät auch einen stattlichen Preis hat, ist selbsterklärend.

Der Preis für das Habrok Pro HQ50LN beläuft sich derzeit auf knapp 4.000 €. Hätte mir vor zehn Jahren jemand von so einem Gerät erzählt – ich hätte ihn für verrückt gehalten. Jetzt ist es auf dem Markt: das „All-in-One-Leistungswunder“ von HIKMICRO.

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