300 Jahre „Nachhaltigkeit“

Seit gut zwanzig Jahren ist das Wort Nachhaltigkeit in aller
Munde. Aber es ist viel älter und es ist eng verbunden mit dem deutschen Wald.

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Zur Osterbuchmesse 1713 veröffentlichte der sächsische Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz sein Buch Sylvicultura oeconomica oder Anweisung zur Wilden Baumzucht. Darin ist erstmals von einer nachhaltenden Nutzung der Ressource Holz die Rede. 

Seit dem ersten Klima- und Weltgipfel der Vereinten Nationen 1992 in Rio de Janeiro wird die Welt überflutet vom Begriff sustainability, zu deutsch Nachhaltigkeit. Interessanterweise ist das Wort keine Rückübersetzung, im Gegenteil: es stammt aus den Anfängen der wissenschaftlichen Forstwirtschaft in Deutschland. Um 1700 gab es einen immensen Holzverbrauch in ganz Europa: alle Schiffe, fast alle Gebäude und alle Werkzeuge waren aus Holz gefertigt und es war in Reinform beziehungsweise als Kohle der Energieträger Nummer Eins. Ein steter Nachschub dieser lebenswichtigen Ressource war besonders wichtig im Bergbau: zum Bau der Gruben und zum Verhütten der Erze.  Darum lastete auf dem Vice-Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz im sächsischen Freiberg eine enorme Last: sein König, August der Starke, forderte so viel Silber wie möglich aus den Gruben zu holen wie möglich.

Doch Carlowitz stammte aus einer alten Jagd- und Forstmeisterfamilie, ansässig in Rabenstein bei Chemnitz. Daher wusste er um die langsame Produktionszeit der Ressource Holz. Zwar hatte er Jura und Staatswissenschaften studiert, auf seiner großen Europareise 1665-69 jedoch besuchte er alle damaligen Waldbau-Fachleute in England, Frankreich und Italien. Vermutlich begann er schon nach dieser Reise an seinem Buch zu schreiben. Beruf und Krankheit verlangsamten die Arbeit daran, so dass es erst 1713 zu Ostern auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt wurde: Sylvicultura oeconomica oder Anweisung zur Wilden Baumzucht. Es gilt bis heute als das erste deutsche forstwissenschaftliche Buch und erlebte schon 1732 eine erweiterte Neuauflage. Der Wortlaut auf Seite 105 ist typisch für den blumigen Schreibstil des Hochbarock: 

Wird derhalben die größte Kunst, Wissenschaft, Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen, eine solche Conservation und Anbau des Holzes anzustellen, daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe, weil es eine unentbehrliche Sache ist, ohne welche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag. (esse, lat.: sein, Dasein, bestehen)

Heute wird mit dem Begriff das Dreieck der Nachhaltigkeit verbunden: Güter und Ressourcen sollen so bewirtschaftet werden, dass das ökologische Gleichgewicht erhalten bleibt, dass sozial gerecht aber auch ökonomisch sinnvoll gewirtschaftet wird.

Auch wir Jäger sind angehalten, mit dem uns anvertrauten Gut nachhaltig umzugehen, damit wir weder den Bestand einer Tiergattung gefährden noch durch eine Überhege den Fortbestand unserer Wälder und Forsten. Beide, Wild und Wald, müssen im Einklang bewirtschaftet werden, damit wir uns einer nachhaltigen Bejagung rühmen können.

tp