Fangschüsse und ihr Risiko: In dubio pro Hund!

Aufmacher Fangschuss

Fangschüsse bergen extremes Risiko. Bei der Nachsuche gilt es, einige grundlegende gesetzliche Bestimmungen zu beachten. © Eike Mross

Fangschüsse sind extrem riskant. Nachsuchenprofi GERMAN KÄLBERER weiß, wie sich Gefahren in Fangschusssituationen minimieren lassen.

Bevor es bei der Nachsuche drunter und drüber geht, gilt es, einige grundlegende gesetzliche Bestimmungen zu beachten.
Die wichtigsten sind dabei, dass der Nachsuchenführer im Auftrag handelt und darum auch die dementsprechenden Vorschriften über die Haftung des Beauftragenden gelten.

Ein zweiter und sehr entscheidender Faktor ist, dass der Nachsuchenführer Jagdleiter ist und über die Auswahl der ihn begleitenden Personen entscheidet. Er erteilt Weisungen und bestimmt, wer im Zweifelsfall einen Fangschuss abgibt oder auf der Nachsuche eine Waffe führt.

Grafik: Redaktion

Fangschüsse in den Medien

Jagd ist Handwerk, und ein tierschutzgerechtes Abfangen oder ein sicherer Fangschuss entsprechen nicht immer den ästhetischen Anforderungen der nicht jagenden Bevölkerung. Wer das nicht berücksichtigt, löst rasch einen Shitstorm aus.
Umso wichtiger ist es – das zeigt nicht zuletzt der Fall aus Brandenburg –, dass man solche Szenen möglichst nicht über die digitalen Medien verbreitet. Es mag die schnellste, waidgerechteste und beste Lösung in der Situation gewesen sein, doch dem Nichtjäger kann man einen stark schweißenden Hirsch mit Abfangmesser nur schwerlich erklären. Auch das leichtfertige Teilen solcher Bilder über private Kanäle kann ungewollt zu rechtlichen Folgen und schlechter Presse für die Jägerschaft führen.

Gefährdung durch Schussabgabe

Dass ein Schuss immer eine große Hinterlandgefährdung mit sich bringt, ist bekannt. Harter und gefrorener Boden erhöhen das Abprallrisiko. Beim Fangschuss auf der Nachsuche ist jedoch noch ein weiterer Sicherheitsfaktor zu berücksichtigen: Geschosssplitter sind mit die größte Gefahr für den Hund. Das heißt: Wenn der Hund zu dicht am Stück ist, verbietet sich ein Schuss unter allen Umständen.

Mittels einer weißen Leinwand lässt sich in Anschussseminaren sehr gut verdeutlichen, wie groß der Gefahrenbereich hinter dem beschossenen Stück tatsächlich ist. Dabei spielen auch umherfliegende Steine, Knochensplitter und vor allem Geschossreste eine entscheidende Rolle.
Viele Hundeführer machen sich Gedanken um den Lärmpegel der Waffe und die sensiblen Hundeohren, doch kaum einer ist sich bewusst, dass der Gasdruck beim Schuss unsere vierbeinigen Helfer auch erblinden lassen kann.

Die Gasdrücke liegen zum Beispiel bereits bei einer .357 Magnum bei rund 3000 Bar und bei einer .308 Winchester bei 4150 Bar. Beim Geschossaustritt sind es immer noch ca. 500 Bar, bei kurzen Läufen sogar deutlich mehr. Zum Vergleich: In einer Sektflasche herrscht ein Gasdruck von 4 Bar.
Der Gasdruck reicht in bestimmten Situationen aus, um den Hund erblinden zu lassen – sei es nun durch den Einsatz einer Kurz- oder Langwaffe.
Auch beim Schützen macht sich der hohe Gasdruck in Form des Hornhautreflexes am Auge bemerkbar.

Darum gilt in Fangschusssituationen immer erhöhte Vorsicht – und dies nicht nur mit Blick auf die Hinterlandgefährdung und die Position des Hundes.
Besonders prägnant ist ein Fall des Kurzwaffengebrauchs zum Fangschuss aus Süddeutschland: Der Schütze war ein Jagdteilnehmer, der während des Treibens den Stand verließ und in den Bail mit drei Hunden schoss. Eine Hündin verlor durch die Schussabgabe und den Gasdruck aus nächster Nähe ein Augenlicht und wurde am Lauf getroffen. Der Heilungsprozess des getroffenen Laufes dauerte ein Dreivierteljahr.

Diese junge Foxterrier-Hündin wurde Opfer einer blindlings eingesetzten Saufeder. © Karl Ederle

Tierschutz – Gehör des Hundes

Ein weiterer Risikofaktor ist der Mündungsknall der Waffe. Je nach Kaliber erreicht eine Langwaffe einen Schalldruckpegel von etwa 150 bis 170 dB. Ein Revolver .357 Magnum liegt in etwa im gleichen Bereich. Ein handelsüblicher Presslufthammer bringt hingegen nur 110 dB.
Bereits beim Menschen birgt der Schuss erhebliche Gesundheitsgefahren. Das Gehör unserer Hunde ist allerdings noch etwa drei- bis fünfmal lärmempfindlicher als das des Menschen. Jeder Schuss in unmittelbarer Nähe zum Behang tut dem Schweißhund also nicht nur extrem weh, sondern verursacht auch bleibende Schäden. Jeder Schaden in der Schnecke des Innenohrs ist zudem dauerhaft.

Fangschüsse: Gefahr des Tunnelblicks

Insbesondere die Schussabgabe ist für die meisten Jäger eine Stresssituation. Es kommt zu einer Fokussierung, die auch medizinisch nachweisbar ist. Ähnlich verhält es sich beim unmittelbaren Kontakt zu Stücken in einer Abfangsituation. Evolutionär ist das sicher sinnvoll, um einer konkreten Bedrohung zu begegnen – in einer komplexen Jagdsituation der Gegenwart hingegen äußerst gefährlich. Die größte Gefahr durch den Menschen besteht hierbei im Regelfall für den Hund.

So wurde der eingangs gezeigte junge Foxterrier beispielsweise durch den blinden Einsatz einer Saufeder auf einen Fuchs lebensbedrohlich verletzt.
Oft werden auch beim Abfangen von Sauen schwere Verletzungen beim Durchstechen ohne Rücksicht auf die Hunde verursacht. Hier ist absolute Vorsicht geboten.
Ist der Gefährdungsbereich einer Messerspitze vergleichsweise gering, muss beim Schuss ein wesentlich größerer Bereich hinter dem Stück berücksichtigt werden.

Auch interessant