Ob auf der Saupirsch am frisch gelegten Mais oder bei der Jagd auf der Kalamitätsfläche – Wärmebildgeräte sind nicht mehr wegzudenken. Nachdem lange Zeit monokulare Wärmebildgeräte den Markt dominierten, werden auch immer häufiger Modelle mit dem Erscheinungsbild eines Fernglases angeboten. Doch wo liegen die Vorteile und wo die Nachteile, und kann ein binokulares Wärmebildgerät Jagd wirklich erleichtern?
Viel Sehfeld fürs Geld
Das H35R bringt gleich mehrere Vorteile mit. Während man bei monokularen Geräten zwar auch ein gutes Bild bekommt, jedoch nur mit einem Auge hineinschaut, bietet das neue Nocpix gleich den vollen Kinoeffekt – und das bei einem durchaus moderaten Gewicht von 700 Gramm. Fast jeder, der das Gerät in der Hand hielt, war vom leichten Gewicht überrascht, da fast jeder mit dem Gewicht eines alten 8x56er-Glases mit ähnlichen Abmessungen rechnet. So kann das Wärmebildgerät Jagd und Arbeit im Revier komfortabel begleiten.
Das Gute ist, dass man beim Hindurchschauen kein Auge zukneifen muss und sich auch als Brillenträger den Augenabstand durch ein Zueinander- oder Auseinanderschieben der Okulare individuell einstellen kann.
Wärmebildgerät Jagd: Intuitiv für alle Reviere
Die Verstellmöglichkeiten sind vielseitig, dabei ist die Menüführung jedoch einfach und intuitiv gehalten, sodass man rasch die einzelnen Verstellungen vornehmen kann, ohne sich im Menü zu „verlaufen“.
Es steht ein bis zu 24-facher Zoom zur Verfügung, der allerdings lediglich auf ganz weite Entfernungen im Feld zum Einsatz kam, wenn es zu unterscheiden galt, ob es sich um einen Sprung Rehe oder doch um eine Rotte Sauen handelte.
Bei allen normalen Distanzen ließ sich auch auf deutlich über 200 m ausgezeichnet anhand des Bildes erkennen, ob es sich um ein Reh handelte, eine Sau oder ein Stück Damwild. Selbst im dichtesten Urwald der Naturverjüngung ließen sich flatternde Amseln und die Lauscher eines anwechselnden Bockes binnen Sekunden unterscheiden.
Die Grundvergrößerung ist selbst für den jagdlichen Nahbereich an der Kirrung oder im Bestand nicht zu hoch, was das Beobachten sehr angenehm macht. Scharfgestellt wird über das große Kunststoffrad am Mitteltrieb, während das Aluminiumrad für den Zoom verantwortlich ist.
Ein wirklich cooles Feature für lange Schneisen und bislang unbekannte Revierteile ist der integrierte Laserentfernungsmesser, mit dem sich jederzeit die exakte Entfernung einmessen ließ. Dazu wird lediglich die vordere Pfeiltaste einmal gedrückt und anschließend einmal kurz angetippt, sobald der gewünschte Referenzpunkt anvisiert wurde, und schon erscheint die exakte Entfernung im Display. Eine Funktion, die wirklich einen unschätzbaren Vorteil bietet, ist der ballistische Unterschied auf eine Distanz von 120 m oder eben 170 m, da dieser bei etlichen Laborierungen doch recht groß ist.
Nocpix H35R: Rekonstruierbare Erlegungen
Der zweite Pfeil hat eine andere Funktion. Über ihn lassen sich Fotos aufnehmen sowie die Videoaufnahme im Gerät starten. Das heißt, wenn man zu zweit unterwegs ist, kann problemlos mitgefilmt werden, und es lässt sich gerade bei der Schwarzwildjagd ausgezeichnet rekonstruieren, wo auf dem Stück der Schuss möglicherweise sitzt. Ob es gezeichnet hat und ob Schweiß ausgetreten ist, war auf den Videos im Test ebenfalls hervorragend zu sehen. Nicht gerade unbedeutend ist vor allem auch die Bildschärfe. Denn die Spreu trennt sich bei den Wärmebildgeräten dann vom Weizen, wenn es um die technische Leistung für das Ansprechen der Sauen auf weitere Entfernung geht.
Hier überzeugt das H35R auf ganzer Linie. Ob der schwache Überläuferkeiler, der zügig aus dem Raps auswechselte, oder die kopfstarke Rotte auf 140 Meter – ruckzuck ließ sich erkennen, um welche Stücke es sich handelt, und das Ansprechen ging rasch und unkompliziert von der Hand. Auch das riesige Sehfeld und das „Vollbild“ für beide Augen waren genial. Man muss nicht erst suchen, bis man die Sauen wieder auf dem Display hat. Insbesondere, wenn man zu zweit unterwegs ist, ist dies ein unschätzbarer Vorteil, da der zweite Mann jederzeit völlig komfortabel mitverfolgen kann, wie das Stück gezeichnet hat und wie sich die anderen Sauen in der Rotte verhalten. Das Gerät kalibriert extrem schnell und komplett geräuschlos, sodass man unglaublich dicht an die Stücke herankommt, ohne dass diese gestört werden. Rehe auf Distanzen von unter 3 Metern, Raubwild und auch Sauen konnten beim Handling keinerlei Störgeräusche wahrnehmen.
Die Sau aus dem Dschungel: Wärmebildgerät bei der Jagd – Praxistest
Bewaffnet mit dem H35R glase ich die Kanten der Feldfrüchte sowie des angrenzenden Feldgehölzes ab. Beim gefühlt zehnten Durchgang an diesem Abend kann ich plötzlich eine Wärmequelle im Raps ausmachen. Noch etliche Meter im dichten Meer der grünen Stängel zeichnet sich der Schwarzkittel ab.
Ich bin überrascht, dass sich schon so früh erkennen lässt, um welche Wildart es sich handelt. Dann geht alles ganz schnell. Das Haupt des Überläuferchens schiebt sich aus dem Feld. Für einen kurzen Augenblick steht die Sau auf einer freien Stelle im Raps. Dann erhöht sie ihr Tempo um weiter über eine Fahrgasse ins hohe Gras zu entschwinden. Der kurze Moment auf der kahlen Fläche reicht, um anzusprechen. Es handelt sich um ein kleines Keilerchen. Zwei, drei Meter macht die Sau in der Schneise noch, bevor meine Mitjägerin zum Schuss kommt.
Das H35R hat gezeigt, dass es auch auf kurze Entfernungen mit großem Sehfeld und guter Auflösung extrem nützlich ist. Denn so kann man das Stück früh erkennen, sauber anzusprechen und schließlich erlegen. Gerade für Feldjagden ist der Einsatz von Wärmebildtechnik unerlässlich. Und das nicht nur, um sauber ansprechen oder die Sauen frühzeitig ausmachen zu können!
Denn nur mit Wärmebildtechnik lässt sich in vielen Revieren bei Nacht eine Hinterlandgefährdung ausschließen und die Abgabe eines sicheren Schusses gewährleisten. In Ballungsgebieten, in denen selbst zu Unzeiten noch aus den unerfindlichsten Gründen Menschen unterwegs sind, sollte sie darum zur absoluten Standardausrüstung gehören. So macht ein Wärmebildgerät Jagd erheblich sicherer!
Technische Features vom H35R
Der NETD des Quest H35R liegt bei unter 15 Millikelvin, was eine sehr sensible Erkennung von Temperaturunterschieden ermöglicht. In der Praxis heißt das, dass auch auf einem stark von der Sonne beschienenen Hang in einer Kalamitätsfläche hervorragend zwischen den leuchtenden Baumstümpfen und anwechselnden Stücken unterschieden werden kann. Das Gerät verfügt über einen 640×512-Sensor mit einem 12-μm-Pixelpitch.
Das Sehfeld beträgt bei niedrigster Vergrößerung (dreifach) 12,5 × 10 Meter auf 100 m, was für reichlich Überblick sorgt. Die 3-fache Grundvergrößerung ist bereits in den meisten Situationen völlig ausreichend. Geht es im Feld weiter hinaus, so bietet das Quest reichlich Reserven.
Besonders praktisch ist, dass das Gerät bereits mit 18650er-Ersatzakkus geliefert wird. Und diese lassen sich auch jederzeit über ein Entnahmefach unter dem Tubus austauschen. Alternativ können diese auch über einen USB-C-Anschluss geladen werden, ohne dass sie extra entnommen werden müssen.
Fazit: Kann das binokulare Wärmebildgerät Jagd vereinfachen?
Das leichte Gerät bietet alles, was ein leistungsstarkes modernes Handgerät mitbringen muss. Es liefert ein gestochen scharfes Bild und ermöglicht dadurch ein rasches Erkennen des Wildes auf große Entfernungen. Man behält immer den Überblick und kann blitzschnell ansprechen. Der integrierte Rangefinder ist extrem zuverlässig, sodass man auch den Anschuss super einmessen und nachher wiederfinden kann. Insgesamt kann das Wärmebildgerät Jagd also nicht nur sicherer, sondern durch die binokulare Realisierung auch komfortabler machen. Ob die Varianten für ein oder zwei Augen einem eher zusagen, ist dabei jedem selbst überlasse. Das Gerät ist ab einer UVP von 2.699 Euro erhältlich.