EU-Richter greifen ins Jagdrecht ein

Keine Jagd, wenn der Grundbesitzer es
nicht will. EGMR kritisiert deutsches Reviersystem.
Strassburg. Der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fällte gestern ein wichtiges
Urteil für die Jagd in Deutschland. Er entschied, dass im Fall eines
Grundbesitzers das deutsche Jagdgesetz die Europäische
Menschenrechtskonvention verletzt.

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Die Große Kammer entschied, dass Grundbesitzer in Deutschland die Jagdausübung auf ihren Flächen nicht hinnehmen müssen. Ein Beschwerdeführer mit Grundbesitz unter 75 Hektar in Rheinland-Pfalz will auf seinem Grund und Boden keine Tötung von Tieren und klagte gegen die Jagdausübung auf seinem Land. Dieser Beschwerde kam das Gericht nun nach. Das Urteil greift in das Deutsche Jagdrecht ein, welches jeden Grundbesitzer unter Eigenjagdgröße die Mitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft vorschreibt.

Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) bedauert diese Entscheidung, weist aber darauf hin, dass auch der EGMR noch die Notwendigkeit der grundstücksübergreifenden Jagd anerkennt. Der Gerichtshof habe das deutsche Reviersystem nicht für unvereinbar mit der Menschenrechtskonvention erklärt.

Der auf Jagdrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Lipps rät zu einer sorgfältigen Analyse des Urteiles: „Ich sehe keine Notwendigkeit, dass das deutsche Jagdrecht jetzt sofort geändert werden sollte. Zuerst muss das Urteil auf seine Auswirkungen auf nationale Rechte hin überprüft werden. Aber es wäre schlimm, wenn in Deutschland ein jagdlicher Flickenteppich mit unbejagbaren Gebieten entstünde.“

Ein Vertreter der Kreisjägerschaft Lindau sieht zunächst einmal die Jagdgenossenschaften als betroffen.. Treten einzelne Personen aus dieser aus, sei keine geregelte Bejagung des Reviers mehr möglich und die Pächter könnten Zahlungen für Wildschäden verringern oder ablehnen.

In Jägerkreisen wird auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung hingewiesen. Es falle auf, dass dies jagdkritische Urteil jetzt gefällt worden sei, wo in mehreren Rot-Grün regierten Bundesländern Novellierungen des Jagdrechts anstünden, bei denen Vertreter von NABU und BUND die Jagd immer weiter einschränken wollten.

tp